Diverse Akteure haben sich wiederholt für eine Covid-19-Impfung ausgesprochen – lange bevor ein verfügbarer Impfstoff in Sicht ist und ohne die weitere Entwicklung der Pandemie zu kennen. Im „Entwurf eines Zweiten Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ von Bundesgesundheitsminister Spahn fand sich Anfang Mai 2020 die folgende Ergänzung zu § 28 Infektionsschutzgesetz:
„Bei der Anordnung und Durchführung von Schutzmaßnahmen nach den Sätzen 1 und 2 ist in angemessener Weise zu berücksichtigen, ob und inwieweit eine Person, die eine bestimmte übertragbare Krankheit, derentwegen die Schutzmaßnahmen getroffen werden, nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft wegen eines bestehenden Impfschutzes oder einer bestehenden Immunität nicht oder nicht mehr übertragen kann, von der Maßnahme ganz oder teilweise ausgenommen werden kann, ohne dass der Zweck der Maßnahme gefährdet wird. Soweit von individualbezogenen Maßnahmen abgesehen werden soll oder Ausnahmen allgemein vorgesehen werden, hat die betroffene Person durch eine Impf- oder Immunitätsdokumentation nach § 22 oder ein ärztliches Zeugnis nachzuweisen, dass sie die bestimmte übertragbare Krankheit nicht oder nicht mehr übertragen kann.“*
Nach Widerspruch aus der Regierungskoalition und dem Kabinett wurde der Passus aus der Gesetzesvorlage vorerst wieder gestrichen. Dennoch wurde damit die Tür zu einer generellen Impfpflicht in Deutschland geöffnet, nachdem im März 2020 bereits eine Masern-Impfpflicht für Kinder und zahlreiche Berufsgruppen wie Lehrer, Erzieher und medizinisches Personal in Kraft trat – mit Bußgeldandrohung bis zu 2500 € bei Verweigerung.
Ob eine durchgemachte Infektion mit Covid-19 zu einer Immunität führt, wird von der WHO und zahlreichen Akteuren angezweifelt. Solange es dafür keinen Nachweis gibt, würde nur durch Impfung der erforderliche Immunitätsnachweis erlangt. Damit würde die Impfung zum Zwang für jeden, der es sich nicht leisten kann, aufgrund angeordneter Schutzmaßnahmen zum Beispiel seiner Berufsausübung fernzubleiben.
Für die Befürwortung einer Impfpflicht wird oft angeführt, dass in Deutschland für viele etablierte Impfungen noch nicht einmal 50% der WHO Empfehlungen für den Anteil der Bevölkerung mit Impfschutz erreicht werden. Auf diesem Hintergrund sind Empfehlungen der Ständigen Impfkommission am Robert-Koch-Instituts (RKI), dass alle Risikopersonen etablierte Impfungen wie z. B. Grippeimpfungen erhalten, nachvollziehbar.
Die Situation für den Corona Impfstoff ist aber anders zu bewerten. Weltweit werden derzeit im Eiltempo über 100 Impfstoffe getestet. Es wird dabei in Kauf genommen, dass die sonst üblichen Maßnahmen der toxikologischen Testung (Tierversuche) nicht wie gewohnt durchgeführt werden.
Eine Impfpflicht für Corona, die inzwischen von vielen Politikern gefordert wird, wäre ein Massenexperiment auf Kosten der Bevölkerung. Aus der Erprobung neuer Pharmazeutika wissen wir, dass durchaus schwere, aber sehr seltene Nebenwirkungen erst dann statistisch identifiziert werden können, wenn mindestens 100 000 Personen diese Therapie erhalten haben. Dieses Risiko wird in Kauf genommen, nachdem der Nutzen der Therapie (Überlegenheit gegenüber einer Standardtherapie) zuvor bei Behörden wie dem Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWIG) nachgewiesen werden musste.
Im Wettlauf um die Corona-Impfung werden diese Prozesse sehr wahrscheinlich ausgehebelt. Seltene schwere Nebenwirkungen, die auch bei Impfstoffen zu Behinderungen oder Tod führen können, werden erst durch die Massenimpfung aufgedeckt. Im Normalfall nehmen Patienten nur nach gründlicher Aufklärung an Arzneimittelstudien teil. Bei einer Corona-Impfpflicht würden wir alle unfreiwillig an einer bundesweiten „Studie“ teilnehmen müssen.
Ärzte würden zudem instrumentalisiert, möglicherweise einen Impfstoff zu verabreichen, der nicht den bisher gültigen Zulassungskriterien entspricht. Oder sie werden wegen Verzicht auf die Eigen-Impfung nicht mehr im Stand sein, ihre Tätigkeit auszuüben, wie auch sämtliche andere Angehörige der medizinischen und pflegerischen Berufe. Verantwortliches Handeln würde somit zum Verzicht auf die Berufsausübung führen.
Nach derzeitiger Einschätzung ist eine Impfpflicht für Covid-19 weder gerechtfertigt, noch ohne Kenntnis des weiteren Verlaufs der Pandemie angemessen. Im Wettlauf der Pharmaindustrie sollte die Politik vor allem auch wachsam sein, wo erwartete Milliardengewinne die Forschung antreiben, und sich nicht zu Komplizen von Lobbyisten machen.
* https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/Gesetze_und_Verordnungen/GuV/S/Entwurf_Zweites_Gesetz_zum_Schutz_der_Bevoelkerung_bei_einer_epidemischen_Lage_von_nationaler_Tragweite.pdf