Die Gewaltexzesse waren angekündigt und absehbar. Vielfach wurde von Politikern wie auch Hamburger Bürgern skandiert: Protest Ja, Gewalt Nein! Doch wogegen und vor allem wofür protestieren Linksextremisten? Was für Ziele haben sie und welche Ideologie wurde zur Forcierung dieser Ziele in Deutschland und Europa kultiviert?

Während des Gipfels kam das große Erwachen und danach das Entsetzen. 476 Polizisten verletzt, ungezählte Autos in Flammen, Straßenzüge verwüstet, Geschäfte geplündert. Angesichts der Zerstörungswut und der gezielten Angriffe auf die Polizei muss man von einem Wunder sprechen, dass es keine Toten gab.

Was in den Berichten über die Gefechte erschreckend auffällt, ist die geistige Armut der befragten Aktivisten. Es ist kaum eine Begründung zu vernehmen, wogegen und erst recht nicht, wofür sie demonstrieren. Gegen das System, gegen die da oben, gegen den Imperialismus oder die Globalisierung … oder vielleicht gegen die eigene Hilflosigkeit?

Sie alle sind Teil des Systems, benutzen es für ihren eigenen Lebensstil – und wollen es gleichzeitig vernichten. In dieser Desorientierung sind die Befragten Spiegel unserer Gesellschaft und die Kehrseite eines bürgerlichen Milieus, das dieselbe Ideologie verinnerlicht hat. Zwar bezeugen Anwohner und Politiker ihr Entsetzen über die Verwüstung. Aber auch von ihnen befürworten viele den Protest gegen das System, gegen den Kapitalismus, der den Wohlstand hervorgebracht hat, den sie konsumieren.

Sägen hier alle zusammen an dem Ast, auf dem wir sitzen? Die Hamburger Ausschreitungen machen die schon lange vorhandene Spannung unübersehbar zwischen unserer auf materiellen Wohlstand und Konsum ausgerichteten Lebens- und Arbeitsweise des kapitalistischen Wirtschaftssystems und der gleichzeitigen Kultivierung der Ideologie des Neomarxismus, der auf dessen Zerstörung ausgerichtet ist.

Ausgehend von der Kritischen Theorie der Frankfurter Schule wurde die westliche Gesellschaft seit der 68er Bewegung mit marxistischem Gedankengut durchsetzt und schleichend ihr kollektives Bewusstsein verändert. Viele Bürger im Schanzenviertel würden sicher weit von sich weisen, damit etwas zu tun zu haben. Im ehemaligen Ostblock ist man gegenüber diesen Ideen aus der historischen Erfahrung heraus skeptischer, aber auch hier haben sie in der Linken und ihren Wählern überlebt.

Eine im Materialismus gefangene Lebenshaltung auf beiden Seiten macht die Ausweglosigkeit der einander widerstrebenden Ideologien des Wirtschaftsliberalismus und des Neomarxismus offenbar und wie die bürgerliche Gesellschaft darin ihre Kinder verloren hat. Die feindliche Saat des Marxismus ist in der Generation der Kinder des Materialismus aufgegangen. Viele der Demonstranten verweigern nicht nur die Leistung, die nötig wäre, um den materiellen Wohlstand der Eltern zu erhalten oder zu vermehren. Sie erheben Anspruch darauf, ihn zu besitzen, sehen es als ihr Recht, ihn zu verbrauchen, oder zerstören ihn gar. Tragischerweise wird dieser Konflikt immer wieder auf dem Rücken der Polizei ausgetragen, die zwischen den Fronten steht und die Ansprüche und Sicherheit der Bürger gegen zunehmend bewaffnete Horden verteidigen soll. Wer wird diese Arbeit in Zukunft noch tun wollen?

Rechtsextremismus hat als Relikt unserer Geschichte überlebt. Dem Islamismus wurde durch Verharmlosung die Tür geöffnet. Den Linksextremismus hat unsere Gesellschaft nicht nur verharmlost, sondern mit der Kultivierung neomarxistischer Utopien selbst hervorgebracht und gefördert.

Am Tag danach haben nicht die Randalierer, sondern die Hamburger Bürger das Schlachtfeld aufgeräumt. So wie die Eltern früher den Schaden beräumt haben, den die Kinder angerichtet haben, ohne sie dafür in die Pflicht zu nehmen. Antiautoritäre Erziehung ließ keine Zwangsmaßnahmen zu, und auch jetzt sind von den in Gewahrsam Genommenen die meisten schon wieder auf freiem Fuß und unbehelligt von den Nachwirkungen abgereist.

Die Stadt aufzuräumen ist löblich und nötig. Es vermittelt Gemeinschaftsgefühl und hilft gegen die Hilflosigkeit. Aber es stellt nur die äußere Fassade der Gesellschafft und der Stadt wieder her, die demoliert wurde. Wenn nicht ein Fragen nach dem kollektiven und persönlichen Versagen einsetzt und nach heilsamen Beziehungen in unseren schönen Häusern, dann sind die nächsten Attacken darauf vorprogrammiert.

Während vor den Türen der Elbphilharmonie der Terror tobte, spielte drinnen das Orchester für die G20 -Teilnehmer Schillers Ode „An die Freude“ im Schlusschor von Beethovens Neunter Sinfonie. Als Christen wissen wir, dass die Sehnsucht nach Verbrüderung und Weltfrieden Utopie bleibt ohne den Friedefürsten Jesus Christus. In Hamburg waren viele Beter vor Ort, und ihr Gebet war nicht umsonst. Es geht für unsere Welt um mehr als um äußeren Frieden und die Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung des Status Quo.

Weder ein krisengeschütteltes kapitalistisches System noch dessen Zerschlagung wird die Sehnsucht des Menschen nach Gerechtigkeit und Wohlergehen erfüllen. In Bündnis C arbeiten wir mit unseren europäischen Partnern an einem beziehungsorientierten Wirtschaftssystem und einem konföderalen Europa, die Effizienz und Gegenseitigkeit, Fairness und Nachhaltigkeit in allen Bereichen der Gesellschaft fördern.

http://economicsummit.eu/erklarung-des-europaischen-okonomischen-gipfeltreffens-2015-german/

Karin Heepen