Am 08.12. flüchtete der syrische Präsident Bashar al-Assad nach Russland und gab die über 50 Jahre währende Herrschaft seiner Dynastie über Syrien auf. Die islamistische HTS-Miliz hat zusammen mit anderen aufständischen Gruppen innerhalb weniger Tage den Westen Syriens fast vollständig unter ihre Kontrolle gebracht. Die „Achse des Widerstands“ des Iran ist damit eingebrochen. Die neuen Machthaber sind im Verbund mit der Türkei die größere Gefahr für Syrien, die Kurden, für Christen und Aleviten und für Israel, als es das geschwächte Assad-Regime war.

Die Assad-Regierung wurde seit mehr als zehn Jahren hauptsächlich von Russland und dem Iran am Leben erhalten. Der Iran mit seinen Proxys der Hamas und der Hisbollah wurden in den letzten Monaten von Israel entscheidend geschwächt, und Russland ist im Ukraine-Krieg gebunden. Islamistische Gruppen – unter ihnen Ableger von ISIS und Al-Qaida – nutzten das Machtvakuum und besetzten mit maßgeblicher Unterstützung der Türkei die wichtigsten syrischen Städte. Auch wenn sich die neuen Machthaber moderat geben, ein freies Syrien proklamieren und syrische Flüchtlinge aus allen Ländern zurückrufen, besteht die reale Gefahr, dass ca. 50 000 im Nordosten Syriens internierte ISIS-Kämpfer mit ihren Angehörigen freikommen, radikalislamische Gruppen sich gegenseitig bekämpfen und eine Terrorherrschaft in Syrien errichten. Die kurdische geführte demokratische Selbstverwaltung im Nordosten Syriens wird bereits seit Jahren von Erdogan angegriffen, um sie zu zerschlagen und weitere Gebiete Nordsyriens zu besetzen. Die kurdischen Streitkräfte bewachen nicht nur die ISIS-Lager, sondern die Selbstverwaltung wurde als Modell für ein demokratisches Syrien aufgebaut, wie alle Ethnien, Religionen und Minderheiten beteiligt und zusammenleben können. Die Kurden sind zudem Israel freundlich gesinnt und werden nun von Erdogan und seinen islamistischen Milizen massiv angegriffen.

Diese Milizen sind auch eine Bedrohung für Israel. Israel hat aktuell im Süden Syriens Truppen im Einsatz, die verhindern sollen, dass Dschihadisten das entstandene Machtvakuum füllen. Die israelische Armee hat innerhalb weniger Tage mit Luftangriffen fast das komplette Arsenal der syrischen Boden-Luft-Raketen, Waffendepots und die Marine zerstört, damit sie nicht in die Hände der neuen Machthaber geraten. Syrien hat Israel dreimal überfallen: 1948 bei der Staatsgründung, im Sechstageskrieg 1967 und im Jom-Kippur-Krieg 1973.

Demgegenüber muss der 8-Punkte-Plan des deutschen Außenministeriums als Hybris bezeichnet werden. Deutschland hat keinen Einfluss in der Region, um Demokratie, Menschenrechte, Souveränität, freie Wahlen oder die eigene Präsenz in Syrien auszubauen. Die Ermahnung von Noch-Außenministerin Baerbock an Israel, sich zurückzuhalten und völkerrechtswidrige Angriffe auf Syrien zu unterlassen, verkennt die akute Gefahr, die von den islamistischen Milizen für Syrien und für Israel ausgeht und die Israel als einziger Nachbar zusammen mit den USA effektiv zu begrenzen willens und in der Lage ist.

Mit dem Sturz Assads ist die „Achse des Widerstands“ des Iran eingebrochen und damit der Einfluss des Mullah-Regimes im Nahen Osten. Der Iran hat seinen einzigen staatlichen Verbündeten in der Region verloren und seinen Zugang zum Mittelmeer, über den auch die Hisbollah versorgt wurde. Die Gefahr des iranischen Atomprogramms ist jedoch nicht gebannt. Israel wird der Inbetriebnahme weiterer Zentrifugen im Iran nicht tatenlos zusehen. Deutschland sollte jetzt dazu beitragen, das islamistische Regime in Teheran final in die Knie zu zwingen, indem Verhandlungen um den gescheiterten Atomdeal endgültig beendet und Sanktionen gegen das Regime vollumfänglich eingesetzt werden.

NATO-Partner Türkei darf nicht mehr mit Waffen beliefert werden, wenn Erdogan weiter widerrechtlich kurdische Gebiete in Syrien bombardiert, syrisches Gebiet besetzt und islamistische Armeen in Syrien versorgt. Die Möglichkeit einer weiteren Flüchtlingswelle, ausgelöst durch rivalisierende oder Nichtmuslime angreifende islamistische Milizen ist aktuell realer, als dass Flüchtlinge im großen Stil nach Syrien zurückgehen.

Dennoch birgt der Sturz das Assad-Regimes die Chance für einen Neubeginn für das leidgeprüfte syrische Volk, und dass wie in Ägypten 2014 den Muslimbrüdern, jetzt auch islamistischen Gruppen in Syrien die Macht genommen wird. Indem Sunniten und Schiiten sich gegenseitig bekämpfen, verliert der Islam überall im Nahen Osten seine Bindekraft und damit auch seinen Einfluss in Europa. Möge Gott in diesem Umbruch die Christen in Syrien schützen und stärken, um ihrem Land zum Frieden zu helfen, wie es in Jesaja 19,23ff verheißen ist:

„Zu der Zeit wird eine Straße sein von Ägypten nach Assyrien, dass die Assyrer nach Ägypten und die Ägypter nach Assyrien kommen, und die Ägypter samt den Assyrern werden dem Herrn dienen. Zu der Zeit wird Israel der Dritte sein mit Ägypten und Assyrien, ein Segen mitten auf Erden; denn der HERR Zebaoth wird sie segnen und sprechen: Gesegnet bist du, Ägypten, mein Volk, und du, Assur, meiner Hände Werk, und du, Israel, mein Erbe!“ 

Bild: Syrien, anonyme Teilnahme am Fotowettbewerb