Gewaltverbrechen bisher nicht gekannten Ausmaßes erschüttern Deutschland. In der Ratlosigkeit angesichts des Grauens wird das Bild vom Gutmenschen erschüttert. Bündnis C ruft zur Umkehr zu den Geboten Gottes als Maßstab für Gut und Böse und für den Schutz des Lebens. Wir trauern um die Opfer und beten für die Überlebenden.
Zwei 12- und 13-jährige Mädchen haben ihre Freundin erstochen. Ein Amokschütze tötet Besucher eines Bibelabends bei den Zeugen Jehovas. In einem Zug nach Hamburg werden zwei Jugendliche Opfer eines Messerangriffs und mehrere verletzt. Einige Wochen zuvor ging ein Video viral, wo Jugendliche im Bahnhof Rastatt johlend zwei Mädchen filmen, die auf ein drittes, am Boden liegendes einschlagen und treten …
Die Aufzählung ließe sich fortsetzen mit täglich neuen Meldungen von Gewaltverbrechen. Spätestens seit dem Mord der beiden Mädchen an einer Freundin herrschen Trauer und Entsetzen. Bislang vollmundig vorgetragene politische Lösungen wie das Alter für die Strafmündigkeit herabzusetzen oder schärfere Waffengesetze klingen hohl und werden kein Verbrechen verhindern. Was treibt Kinder zu so einer Tat?
Den meisten Menschen ist noch bewusst, dass sie keinen anderen töten oder verletzen dürfen. Vor allem bei Kindern und Jugendlichen verschwimmen jedoch zunehmend die Grenzen zwischen Realität und Fiktion. Was in Filmen konsumiert und in virtuellen Spielen trainiert wird, kommt in Existenz. Horror- und Pornofilme in Serie stumpfen Gewissen, Leib, Seele und Geist ab und öffnen sie für das Böse.
Hinzu kommt innere Haltlosigkeit, wo Familien keine klare Orientierung geben, nicht die Grenzen abstecken, innerhalb derer man sich bewegen darf, wo Gut und Böse nicht nach objektiven Kriterien, sondern nach den eigenen Bedürfnissen definiert werden. Wo es um Leistung und Funktionieren geht, aber nicht das Bedürfnis nach Liebe, Annahme und Gemeinschaft gestillt wird.
Das kultivierte Bild vom Gutmenschen und einer harmonischen, solidarischen, gerechten, friedlich toleranten Gesellschaft bekommt Einschläge, die Fassade des Humanismus wird erschüttert. Dahinter liegen die Trümmer menschlicher Hybris, aber auch die Gebote Gottes, die unsere Kultur human, frei und fruchtbar gemacht haben.
Als Ursache der intellektuellen, geistigen und sozialen Krise Europas sah Papst Benedikt XVI. das Kappen seiner eigenen Wurzeln. „Wenn in einer ersten Phase der Abwesenheit Gottes sein Licht noch nachleuchtet und die Ordnungen des menschlichen Daseins zusammenhält, so scheint es, daß es auch ohne Gott ganz gut geht. Aber je weiter die Welt sich von Gott entfernt, desto klarer wird, daß der Mensch in der Hybris der Macht, in der Leere des Herzens und im Verlangen nach Erfüllung und Glück immer mehr das Leben verliert. Der Durst nach dem Unendlichen ist im Menschen unausrottbar da.“ 1
Das Verlangen nach Erfüllung und Glück war auch in den Herzen der beiden Mädchen. Dafür sollte eine Freundin ihr Leben lassen. Wer kann solche Verbrechen verhindern?
Eine Familienpolitik, die Eltern ihre Erziehungsverantwortung zurücküberträgt und sie dabei unterstützt, muss dazu beitragen. Die Wurzel dieser Taten ist kein Anlass für politische Bekundungen, sondern für einen Ruf zur Umkehr zu Gott und zu Seinen Geboten. Am Karfreitag gedenken wir des Leidens und Sterbens Jesu Christi, der für uns aus freiem Willen Sein Leben gelassen hat, damit wir frei von Schuld werden. Diese Vergebung bietet er den Tätern an und jedem von uns. Möge Er die Leere der Herzen füllen und den Durst nach Gerechtigkeit und Leben stillen. Und mögen die Opfer bei Ihm das ewige Leben finden ohne Angst und Schmerzen und ihre Familien die Hilfe und den Trost Gottes.
1 ANSPRACHE VON PAPST BENEDIKT XVI. Augustinerkloster Erfurt 23. September 2011