Sehr geehrter Herr Infantino,
am 20.11.2022 haben Sie in Ihrer Rede die ganze Welt daran teilhaben lassen, wie sie sich an manchen Tagen fühlen. Zur Erinnerung: mal als Katarer, mal als Araber, mal als Afrikaner, mal als Gastarbeiter mal als …. Leider haben Sie der Welt nicht mitgeteilt, was Sie oder die FIFA für Gefühle haben, wenn Sie an die Menschen denken, die in Katar ausgebeutet wurden und werden. Wir haben auch nicht gehört, welche Gefühle Sie haben, wenn Sie an die Angehörigen denken, die einen Ihrer Lieben in Katar durch schlechte Arbeitsbedingungen verloren haben.
Stattdessen erinnern Sie Europa an seine 3000-jährige Vergangenheit und an seine Menschenrechtsverletzungen. Ich hoffe sehr, dass weder Europa noch wir Deutschen vergessen, welche Verbrechen in der Vergangenheit von unserem Kontinent und unserem Land ausgegangen sind. Aber soll das bedeuten, weil wir so viele Verbrechen begangen haben, dürfen jetzt die anderen auch mal, und die Welt hat den Mund zu halten?
Nein, Herr Infantino, das kann nicht sein. Auch Ihre Aufforderung, Katar und andere Mitverantwortliche nicht anzuklagen, sondern stattdessen Sie allein für alle Fehler und Missstände zu kreuzigen, ist ein weiteres Zeichen Ihrer maßlosen Überheblichkeit. Es sieht gerade so aus, als sähen Sie gewisse Parallelen zwischen Jesus Christus und sich. Haben Sie auch nur eine Sekunde daran gedacht, wie Ihr Vergleichsversuch bei den 2,5 Milliarden Christen weltweit ankommt? Ich persönlich finde Ihr Angebot widerlich.
Für mich ist es nicht verwunderlich, dass man bereits im öffentlich-rechtlichen Fernsehen über die mafiotischen Strukturen bei der Fifa spricht. Es bleibt nur zu hoffen, dass so viel Menschen wie noch nie durch diese Fußball-Weltmeisterschaft in Katar das hässliche Gesicht des schnöden Mammon erkennen. Da auch ich, wie viele Menschen weltweit, den Fußball liebe, würde ich mich freuen, wenn der Sport wieder die Hauptsache wäre und nicht das Geld.
Für Ihre Zukunft wünsche ich Ihnen, dass Sie erkennen, was wahre Werte sind.
Mit freundlichen Grüßen
Mathias Scheuschner