Am 23./24. Juni steht der „Entwurf eines Berichts über die Lage im Hinblick auf die sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte in der EU im Zusammenhang mit der Gesundheit von Frauen“ (2020/2215(INI)) des Frauenausschusses von Berichterstatter Predrag Fred Matić im Europaparlament zur Diskussion und Abstimmung, nunmehr in einer nachverhandelten Fassung aus verschiedenen Kompromissanträgen. Der Bericht fokussiert dennoch weiter einseitig auf sexuelle und reproduktive Gesundheit und damit verbundene Rechte der Frau, wohingegen das Lebensrecht des Kindes keine Erwähnung findet. Abtreibung soll Bestandteil der staatlichen Gesundheitsvorsorge sein, inklusive Einschränkung der Gewissensfreiheit von Ärzten, Abtreibungen vorzunehmen.
Der Matic´-Bericht ist eine Neuauflage des Estrela-Berichts, der 2013 durch Intervention europäischer Lebensrechtsorganisationen verhindert wurde. Der Bericht deklariert, dass sexuelle und reproduktive Gesundheit Menschenrechte sind in Verwirklichung des Rechts auf Leben, körperliche und geistige Unversehrtheit, Gleichheit, Nichtdiskriminierung, Gesundheit und Bildung, und Verstöße dagegen eine Form der Gewalt gegen Frauen und Mädchen darstellen. Sexuelle und reproduktive Gesundheit sind dabei Synonyme für sexuelle Selbstbestimmung und Abtreibung.
Insbesondere werden Hindernisse für den Zugang zu Abtreibungen beklagt, die Verweigerung der medizinischen Versorgung mittels Abtreibung aufgrund persönlicher Überzeugungen und dass einige Mitgliedstaaten nach wie vor Abtreibungen außer unter genau festgelegten Umständen verbieten.
Der Bericht fordert die Mitgliedstaaten auf, den Zugang zu einer umfassenden Palette von Diensten im Bereich der sexuellen, reproduktiven Gesundheit und der damit verbundenen Rechte zu gewährleisten und alle Hindernisse zu beseitigen, die dem uneingeschränkten Zugang zu sicherer und legaler Abtreibung im Wege stehen. Es sollen ausreichend Haushaltsmittel und „Humanressourcen“ dafür bereitgestellt werden, womit medizinisches Personal gemeint ist, das Abtreibungen durchführt.
Sexuelle und reproduktive Gesundheit wird als wesentlicher Bestandteil guter Gesundheit deklariert. Kindern sollen nach WHO-Standards Zugang zu umfassender Sexualaufklärung erhalten. Sexuelle und reproduktive Gesundheit wie auch moderne Empfängnisverhütung seien Säulen für die Gleichstellung der Geschlechter und für die Beseitigung geschlechtsspezifischer Gewalt. Und es soll gegen diejenigen vorgegangen werden, die als Gegner sexueller und reproduktiver Gesundheit und der damit verbundenen Rechte die Demokratie und persönliche Freiheit in der EU untergraben.
Der Bericht weist weder rechtliche noch formale Genauigkeit auf, weil er die Befugnisse der EU überschreitet. Themen wie Gesundheit, Sexualerziehung und Reproduktion sowie Abtreibung und Erziehung fallen unter die Legislativbefugnisse der Mitgliedsstaaten. Abtreibung wird wie ein angebliches Menschenrecht behandelt, das in den internationalen Verträgen und Erklärungen nicht vorkommt. Und es wird die Verweigerung aus Gewissensgründen bei Angehörigen der Gesundheitsberufe angegriffen.
Bündnis C fordert die Europaabgeordneten auf, diesen Bericht abzulehnen:
- Gesundheits- und Bildungspolitik ist in der Zuständigkeit der Mitgliedsstaaten und die nationale Gesetzgebung ohne Einmischung seitens der EU zu respektieren. Gemäß dem Subsidiaritätsprinzip hat die EU in besonderem Maße Rücksicht zu nehmen auf die moralischen Wertevorstellungen eines Landes und diese nicht zu kolportieren.
- Sexuelle Selbstbestimmung und Abtreibung sind weder Menschenrechte, noch verwirklichen sie das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit, sondern gefährden diese Rechte. Der Bericht erwähnt hingegen das Recht auf Leben des Kindes an keiner Stelle.
- Abtreibungen sind kein unmittelbarer Bestandteil der medizinischen Versorgung. Deshalb haben Ärzte das Recht, aus Gewissensgründen nicht an Abtreibungen mitzuwirken. Dieses Recht darf nicht unter Vorbehalt des Rechts eines Patienten auf vollständigen Zugang zu „Gesundheitsdienstleistungen“ in Form von Abtreibungen gestellt werden.
- Lebensrechtsorganisationen gefährden nicht das Recht auf Leben und die Demokratie, sondern verteidigen beides, indem sie darüber informieren und Hilfe zum Leben anbieten. Der Europäische Gerichtshof hat bestätigt (C-34/10), dass jede menschliche Eizelle vom Stadium ihrer Befruchtung an ein menschlicher Embryo ist, der geschützt werden muss.
- Hingegen greift der Matic´-Bericht das Recht auf Leben an sowie die Grundrechte auf Meinungs-, Gewissens- und Religionsfreiheit und stellt damit Grundlagen der Demokratie in der EU in Frage.