Am 1. Februar 2020 tagte in Kassel-Baunatal zum 110. Mal der Arbeitskreis Christlicher Publizisten (ACP) unter der Leitung von Heinz Matthias. Erneut bot der ACP ein vielfältiges Spektrum an Referenten aus verschiedenen Kirchen und christlichen Werken, Politik, Wirtschaft und Gesellschaft.

Für Bündnis C sprach Bundesvorsitzende Karin Heepen. Hier lesen Sie ihren Redebeitrag:

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

lieber Heinz Matthias,

vielen Dank für die Möglichkeit, auch in diesem Jahr wieder einige Gedanken in diese Tagung einzubringen.

Mein Name ist Karin Heepen, ich bin Bundesvorsitzende von Bündnis C – Christen für Deutschland. Als christliche Partei haben wir uns politischen Antworten auf der Grundlage der christlichen Ethik und unserer biblischen Leitlinien verschrieben, der Leitlinien, die Deutschland und Europa stark, human, erfolgreich und frei gemacht haben.

Ich wohne in Erfurt. Das liegt in Thüringen, wo seit Ende Oktober um die Bildung einer neuen Regierung gestritten wird. 30 Jahre nach dem Fall des Sozialismus ist im Herzen Deutschlands die Nachfolgepartei der SED mit über 30 % der Stimmen wieder stärkste Kraft. Zusammen mit der AfD am anderen Ende der politischen Skala hat sie die Mehrheit im Landtag.

Die vorige rot-rot-grüne Regierungskoalition kann nicht mehr allein durchregieren. Aber was uns vor allem zu denken geben sollte, ist die immer mehr zunehmende Polarisierung der politischen Landschaft, die sich in diesen Mehrheitsverhältnissen niederschlägt. Zerrissen wird zwischendrin vor allem die CDU. Egal mit wem sie redet oder wem sie die Zusammenarbeit verweigert – sie kann es nur falsch machen.

Was mich als DDR-Kind und damaliger Republik-Flüchtling besonders umtreibt, ist der Wiederaufstieg der LINKEN. Als Nachfolgepartei der SED hat es die LINKE geschafft, sich einen demokratischen Mantel umzulegen, obwohl sie ihre sozialistischen Ziele nie aufgegeben hat. Ich habe letzthin Hubertus Knabe, früherer Direktor der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen dazu gehört und es sind mir erneut drängend die Fragen ins Bewusstsein gekommen:

Wieso wurde die SED nicht verboten, die 40 Jahre lang den Osten Deutschlands ruiniert und unzählige Opfer auf dem Gewissen hatte? Wieso konnte die LINKE stattdessen das gesamte Vermögen übernehmen – und erhielt damit die Voraussetzungen, um heute wieder regieren zu können? Wieso werden DDR-Symbole als Folklore gehandelt, statt sie wie Nazisymbole zu verbieten?

Die LINKE wird wieder salonfähig und verharmlost, obwohl sie die sozialistische Umformung der Gesellschaft, der Wirtschaft, des Bildungs- und Sozialsystems voranbringt. Das kann man der ostdeutschen Geschichte anlasten. Aber diese Dynamik wäre nicht möglich, wenn die ostdeutschen Überreste des Marxismus sich nicht mit dem 68er Neomarximus des Westens verbinden würden.

Elemente dieser neomarxistischen Agenda haben mittlerweile alle etablierten Parteien mehr oder weniger übernommen. Die atheistische, ideologische Gebundenheit zeigt sich nicht nur immer unverblümter in der Intoleranz gegenüber christlichen und anderen abweichenden Weltsichten, sondern auch in der Kooperation von SPD und Grünen mit der LINKEN. 

Es ist kein Zufall, dass in der Folge einer Regierung unter der LINKEN, SPD und Grünen jetzt die Ränder der politischen Skala die Mehrheit haben im Thüringer Landtag. Je aggressiver die sozialistische Umformung der Gesellschaft von Links vorangetrieben wird, desto wütender formiert sich der Aufstand dagegen von Rechts.   

Wo finden wir uns als Christen in dieser Kontroverse?

Die zunehmende Polarisierung sollte uns in Deutschland Warnung sein, denn damit schafft man offensichtlich keinen Frieden in der Gesellschaft. Genau das ist aber eine Kernkompetenz von uns Christen. Wir machen deshalb keinen Unterschied, wenn wir uns auf eine der beiden Seiten schlagen und uns mit gegenseitig bekämpfen. Das merken wir in unseren Kirchen und Gemeinden und bis in die Familien hinein, die vielfach genauso zerrissen sind wie der Rest der Gesellschaft.

Es wäre verwunderlich, wenn angesichts dieser Spaltungen einer recht hätte und der andere unrecht. Die Wahrheit ist in ideologischen Systemen bestenfalls als Verschnitt, auch wenn manches sozial, gerecht oder christlich aussieht. Und es wird erst recht fragwürdig, wenn man im Namen angeblicher Wahrheit Vertreter der Gegenseite attackiert oder verdammt. Die Wahrheit ist nicht rechts oder links, sondern Jesus Christus.

Lassen Sie uns kurz auf einige aktuelle Kampfthemen schauen:

Eine verfehlte Familien- und Bildungspolitik hat eine lange angebahnte demografische Krise hervorgebracht mit einem Fachkräftemangel, der zusehends unsere Wirtschaftskraft gefährdet. Können wir diese Lücke mit Zuwanderung auffüllen? Wir ernten als Gesellschaft kollektiv, was unser Individualismus und Materialismus mit zu wenigen Kindern gesät hat. Dürfen wir zu dieser ersten Schuld eine zweite dazutun, indem wir aus ärmeren Ländern ausgebildete Fachkräfte abwerben? Oder können wir einer langfristigen Politik für Familien und Kinder oberste Priorität einräumen, um langfristig auch eine gesunde Wirtschaft zu erhalten? Mittelständische Unternehmer beginnen das zu verstehen.

Unsere alternde Gesellschaft bringt das Gesundheitssystem zusehends ins Wanken. Können wir bei schwindenden Ressourcen weiter jeden Maximalstandard in der Gesundheitsversorgung einfordern? Sagen wir als Christen auch: Hauptsache gesund? Oder anerkennen wir, dass das Leben endlich ist und es kein Recht auf Gesundheit gibt? Der Staat darf niemandem das Leben oder die Gesundheit nehmen, aber er kann sie auch niemandem geben. Können wir stattdessen sagen: Hauptsache Jesus, mit dem wir gesünder leben und der auch Kranke heilen kann? Und sorgen wir dafür, dass die Grundversorgung überall gewährleistet bleibt und vor allem nicht wieder ungewolltes oder „unwertes“ Leben aussortiert wird?

Und schließlich die Klimapolitik, die den Planeten retten soll. Ja, unser Wirtschaftswachstum um jeden Preis zeitigt gewaltige Nebenwirkungen: zerstörte Landschaften, verschmutzte Luft, kontaminierte Böden und Gewässer, vergiftete und ausgestorbene Arten, kranke Menschen. Es erscheint schlüssig, auch Klimaveränderungen unter diese Schäden einzuordnen und eine wissenschaftliche Mehrheit scheint das so zu sehen. Aber können wir das Klima und den Planeten retten als Menschen?

Was wir können, ist der umsichtige Umgang mit unseren Ressourcen, nachhaltig wirtschaften statt auf Gedeih und Verderb den Konsum anzukurbeln und unnötigen Müll vermeiden. Uns ist gute Haushalterschaft für die Schöpfung aufgetragen, kein Raubbau an der Natur. Aber ich finde nirgends in der Bibel, dass wir die Erde retten werden, sondern dass Himmel und Erde irgendwann vergehen werden.   

Natürlich weiß keiner von uns, wann das sein wird. Aber wir sind gefordert, die Zeichen der Zeit zu erkennen. In Mt 24 lesen wir von falschen Messiasen, die auch die Christen verführen.  Es scheint einige wiederkehrende Kennzeichen eines falschen, rein säkularen Messianismus zu geben:

  • Es werden für im Kern christliche Themen – wie die Herrschaft über die Schöpfung oder die Gleichwertigkeit der Geschlechter – totalitäre Lösungen im Namen des Guten propagiert.
  • Diese Lösungen werden mit einem globalen Anspruch vertreten.
  • Andere Meinungen werden gebrandmarkt und aus dem Diskurs verbannt.
  • Der Zweck heiligt die Mittel zur Durchsetzung der propagierten Lösungen.

Dass man so keinen Frieden schafft, erleben wir. In seinen Endzeitreden spricht Jesus neben Katastrophen, die kommen werden, vor allem über Kriege und Aufruhr. Die Krisenherde in der Welt und der Zerriss unserer Gesellschaften könnten kurzfristig weit größeren Schaden machen als langfristige Klimaveränderungen. Wer sich um das Klima des Planeten mehr Sorgen macht als um das zwischenmenschliche und geopolitische Klima, lenkt vor allem von der Natur des Menschen ab, der ohne Gott sich und seine Umwelt ins Chaos stürzt.  

Unsere menschlichen Systeme werden erschüttert. Es sind die Systeme, die vor Gott keinen Bestand haben. Man kann das Gericht nennen, aber das verschaffen wir uns selbst.

Die Frage für uns als Christen ist in den kommenden Erschütterungen: Verlassen wir uns wie alle anderen auf Vater Staat oder auf Gott Vater? Fordern wir, egal was passiert, wie alle anderen, dass die Politik es richten muss? Dann sind wir wie alle anderen manipulierbar und verführbar.

Oder stellen wir uns mit unter die Schuld der Gesellschaft, so wie die Propheten im Alten Testament es taten, und sagen: „Wir haben gesündigt.“ Segnen wir oder fluchen wir, richten und klagen die Regierenden an? Oder haben wir im Gegeneinander der Positionen Antworten, die dem Frieden dienen? Und tragen wir zu nachhaltigen Lösungen aus unserem biblischen Denken bei, die unsere Gesellschaft aus der Sackgasse der ideologischen Irrwege führen helfen?

Wenn wir noch eine Zeit der Gnade haben, dann sind Umkehr, unser Gebet und Antworten aus dem Wort und der Weisheit Gottes gefragt. Deutschland hat immer wieder Verheißungen bekommen für eine geistliche Erneuerung. Beten wir um Gnade im Gericht und dass wir nach der politischen Wende vor 30 Jahren eine geistliche Wende geschenkt bekommen.

Ich lade Sie ein, mit nach politischen Antworten aus unseren biblischen Leitlinien zu suchen und an Lösungen mitzuarbeiten jenseits der ideologischen Systeme, die am Zerbrechen sind. Es sind christlich fundierte, innovative Ansätze gefragt.

Vielen Dank!