Am 18. Dezember 2019 hat das Bundeskabinett den „Entwurf eines Gesetzes zum Schutz vor Konversionsbehandlungen“[1] beschlossen. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung verschärft nochmals erheblich den Vorentwurf des Bundesgesundheitsministeriums, indem er das Verbot auch auf 16 bis 18-Jährige ausdehnt und bei Erwachsenen unter den Vorbehalt eines Willensmangels stellt.
Der Entwurf sieht das Verbot von Konversionsbehandlungen an Minderjährigen vor sowie an Volljährigen, deren Einwilligung auf einem Willensmangel beruht. Ein Willensmangel liegt vor, wenn die Person über den therapeutischen Nutzen der Behandlung getäuscht oder nicht hinreichend über Risiken oder die nicht bewiesene Wirksamkeit der Behandlung aufgeklärt wird. Die Verbote gelten für Heilberufe wie auch Religionsgemeinschaften und Fürsorge- oder Erziehungsberechtigte, wenn diese damit ihre Fürsorge- oder Erziehungspflicht gröblich verletzen. Verstöße sollen mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe geahndet werden. Verboten werden soll das öffentliche Bewerben, Anbieten und Vermitteln von Konversionsbehandlungen als Ordnungswidrigkeit mit bis zu dreißigtausend Euro Strafe, für Minderjährige auch nichtöffentliche Werbung, Angebot oder Vermittlung.
Als Konversionstherapie gilt, wenn die Behandlung objektiv auf eine Veränderung oder Unterdrückung der sexuellen Orientierung oder der selbstempfundenen geschlechtlichen Identität gerichtet ist. Hingegen handelt es sich bei den heute praktizierten Therapien für Betroffene, die sich eine Veränderung ihrer sexuellen Präferenz wünschen, um auch auf anderen Gebieten übliche, ergebnisoffene Therapieverfahren, wie im Petitionstext oben gegründet wird. Die Klausel des Willensmangels beinhaltet für Therapeuten und Seelsorger ein unkalkulierbares Risiko, weil die geforderte vollumfängliche Aufklärung im Zweifelsfall auch gegen die Aussage eines Klienten nachgewiesen werden muss. Damit werden Therapeuten gezielt kriminalisiert und Ratsuchende vom Gesetzgeber gegen ihre Überzeugungen beeinflusst.
Damit greift das Gesetz tief in die Therapiefreiheit, die Selbstbestimmung vor allem minderjähriger Hilfesuchender und in die Religionsfreiheit ein. Wir fordern die Mitglieder des Deutschen Bundestages und den Bundesrat auf, das Gesetz abzulehnen. Bitte verleihen Sie unserer Forderung an das Bundesgesundheitsministerium, den Bundestag und den Bundesrat Nachdruck und unterzeichnen Sie die Petition: https://www.citizengo.org/de/signit/170406/view
[1] https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/Gesetze_und_Verordnungen/GuV/K/Konversionstherapienverbot_Kabinett.pdf
Update vom 10.11.2019
Am 4. November 2019 hat das Bundesgesundheitsministerium den Gesetzentwurf zum Verbot sogenannter Konversionstherapien vorgelegt. Der Entwurf kann insofern als Teilerfolg auch unserer Petition angesehen werden, dass Therapien, die Einfluss auf die sexuelle Orientierung oder Identität nehmen, nur für Minderjährige verboten werden sollen. Für Erwachsene fällt die Entscheidung darüber unter das Recht auf Selbstbestimmung, wie wir es in dieser Petition gefordert haben. Gleichzeitig greift das Gesetz tief in die Therapiefreiheit ein.
Bundesgesundheitsminister Spahn will Therapie- und Beratungsangebote, die den Wunsch nach einer Veränderung der sexuellen Orientierung aufnehmen, für unter 16-Jährige komplett verbieten. Bei Jugendlichen zwischen 16 und 18 Jahren soll das Verbot nicht gelten, wenn der Behandelnde nachweist, dass der Behandelte über die notwendige Einsichtsfähigkeit in Bedeutung und Tragweite der Behandlung verfügt. Verstöße sollen mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder hohen Bußgeldern geahndet werden. Das Gesetz soll auch bei seelsorgerlichen und psychotherapeutischen Gesprächen Anwendung finden. Das Bewerben, Anbieten und die Vermittlung entsprechender Therapien soll als Ordnungswidrigkeit geahndet werden.
Dem Gesetzentwurf liegt ein Gutachten im Auftrag der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld (BMH) zur Fragestellung von so genannten Konversionsbehandlungen bei homosexueller Orientierung[1] zugrunde. Das Gutachten stellt fest „… dass die Datenlage zu negativen Folgen von SOCE[2] ähnlich problematisch ist, wie zur Wirksamkeit: die Daten lassen kaum Kausalaussagen zu.“ (S. 22) Darüber hinaus werden nicht-experimentelle Erhebungen angeführt und deren eingeschränkte Aussagekraft ebenfalls benannt. Alle weiteren Schlussfolgerungen und Empfehlungen des Gutachtens entbehren damit einer tragfähigen wissenschaftlichen Datenbasis.
Angesichts der offensichtlichen Unkenntnis über Wirksamkeit und Nebenwirkungen der zur Debatte stehenden Therapieverfahren ist die Schlussempfehlung des Gutachtens umso erstaunlicher:
„Zukünftige Forschung sollte aus ethischen Gründen von weiterer Erforschung von SOCE Abstand nehmen und sich der Erforschung von Minority Stress sowie von affirmativen therapeutischen Angeboten widmen.“ (S. 26)
Da das BMH-Gutachten keinen wissenschaftlichen Nachweis über die Unwirksamkeit oder negative Folgen von SOCE erbracht hat, fordern wir Bundesminister Spahn nochmals auf, das Gesetzesvorhaben komplett fallenzulassen. Auch für Minderjährige, die unter ihrer sexuellen Präferenz leiden, dürfen Therapien mit der Möglichkeit einer Veränderung nicht kriminalisiert werden!
Leider haben wir auf unsere am 6. Juli 2019 dem Bundesgesundheitsminister übergebene Petition und unser Schreiben vom 10.11.2019 noch immer keine Antwort erhalten. Bitte verleihen Sie unserer Forderung an das Bundesgesundheitsministerium Nachdruck und unterzeichnen Sie die Petition: https://www.citizengo.org/de/signit/170406/view
Vielen Dank!
[1] https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/K/Konversionstherapie/Gutachten_Prof._Dr._med._Peer_Birken.pdf
[2] Sexual Orientation Change Efforts