Für die Modernisierung der Bundeswehr ist mehr als nur Geld nötig

Der Krieg in der Ukraine hat eine Diskussion über die Wehrfähigkeit Deutschlands angestoßen. In den letzten Jahren wurde kaum über den schlechten Zustand der Bundeswehr gesprochen. Aufgrund der aktuellen Bedrohungslage hat der Bundestag 100 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt, um die Modernisierung der Bundeswehr voranzutreiben.

Bundeskanzler Olaf Scholz versicherte, dass Deutschland sich im Falle eines russischen Angriffs verteidigen könne. Doch Stimmen aus der militärischen und politischen Führung schlagen andere Töne an. Als „blank“ bezeichnete Alfons Mais, der Chef des deutschen Heeres, die Bundeswehr in einem Kriegsfall. Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) warnte, wenn es weitere Aufgaben gebe, stoße die Bundeswehr an ihre Grenzen. Die Wehrbeauftragte Eva Högl (SPD) beklagt erschreckende Ausrüstungsmängel. Die Frage, ob Deutschland sich im Ernstfall verteidigen könne, wurde von dem früheren Nato-General Egon Ramms im ZDF klar verneint.

Eines ist nun offensichtlich: Die Bundeswehr wurde in den letzten Jahren kaputtgespart, weil die Politik nie davon ausging, dass es zu einer Landesverteidigung kommen könnte. Mit den nun bereitgestellten Milliarden soll unsere Truppe auf Vordermann gebracht werden. Denn die aktuelle Lage ist besorgniserregend. Von unseren Hubschraubern sind aktuell nur 40 Prozent einsatzbereit, von den schwimmenden Hauptwaffensystemen nur ein Drittel. Auch das schwere Gerät im Heer wird viel zu langsam modernisiert. Von den 350 bestellten Schützenpanzern Puma, die den vierzig Jahre alten Marder ablösen sollen, sind nur 40 für den Ernstfall gerüstet.

Wir teilen die Auffassung von Brigadegeneral a. D. Erich Vad, dass die Bundeswehr so schnell wie möglich einsatzbereit werden muss, um die Sicherheit Deutschlands zu gewährleisten. Zusätzlich zu der finanziellen Investition ist es unserer Ansicht nach nötig, den Blick noch einmal auf nachhaltige Änderungen in Sachen Wehrdienst zu richten. Wir müssen uns für die Zukunft anders aufstellen, wenn wir im Verteidigungsfall eine schnell einsatzbereite Bundeswehr haben möchten. Im Mai 2021 wurde durch die damalige Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer (CDU) eine Reform für die Bundeswehr vorgelegt, um die Handlungsbereitschaft der Truppe zu erhöhen. Durch den Regierungswechsel kam es allerdings zu keinerlei Veränderungen.

Bereits damals brachte Bündnis C einen Vorschlag zur Reform von Wehrpflicht und Zivildienst ein. Diesen möchten wir nun erneut zur Debatte stellen. Kramp-Karrenbauer sprach sich vor einem Jahr für einen sechsmonatigen Freiwilligendienst mit anschließendem Reservedienst aus. Durch eine allgemeine Wehrpflicht wird gewährleistet, dass ein großer Teil der Bevölkerung für einen Verteidigungsfall ausgebildet und schnell einsatzbereit ist. Dieser Vorteil geht mit einer reinen Berufsarmee verloren. Werden Soldaten für einen akuten Verteidigungsfall gebraucht, sind Zivilisten in keiner Weise darauf vorbereitet, und die Ausbildung ohne vorherigen Grundwehrdienst dauert unverhältnismäßig lange.

Bündnis C spricht sich dafür aus, Wehrpflicht und Zivildienst wieder einzuführen und zu modernisieren. Den verpflichtenden Dienst auf den männlichen Teil der Bevölkerung zu beschränken, wird der Verschiedenheit der beiden Dienstformen nicht gerecht. Ursprünglich waren Frauen aufgrund ihrer Erziehungszeiten davon ausgenommen, was heutzutage beiden Elternteilen gesetzlich zusteht und so auch genutzt wird. Unserer Auffassung nach sollte jeder junge Mensch – unabhängig ob Mann oder Frau – ein gemeinnütziges Jahr leisten. Ausgenommen wären Eltern, die bereits Kinder erziehen und dafür freigestellt werden.

Wer an der Waffe dienen möchte, kann sich für den Wehrdienst entscheiden. Durch das umgekehrte Bewerbungsverfahren träten der Bundeswehr nur Personen bei, die sich bewusst dafür entschieden haben und somit auch über den Grundwehrdienst hinaus für eine weitere Verpflichtung bereitstehen. Wer sich nicht ausdrücklich für den Wehrdienst entscheidet, dient dem Land und der Gesellschaft im Zivildienst, was zu einer starken Entlastung im Sozialwesen führen würde, wo wir besonders in der Pflege ebenfalls seit Jahren einen immensen Personalmangel zu beklagen haben.

Mit diesem Konzept können wir dafür sorgen, dass Deutschland verteidigungsfähig wird und auch langfristig bleibt. Zudem wird eine gesellschaftliche Nähe zu sozialen Berufen wie auch zur Bundeswehr gefördert. Junge Menschen würden durch beide Tätigkeiten einen wichtigen Dienst tun. Dieses Modell könnte zu einem besseren und bewussteren Miteinander sowie zu einer vertieften Identifikation mit unserer Gesellschaft beitragen. Rückblickend waren Wehrpflicht und Zivildienst neben den Vorteilen für unser Land auch wichtige Lebensabschnitte in der Charakterbildung von jungen Menschen. Daher ist es zu begrüßen, wenn wir wieder – wenn auch in reformierter Form –dorthin zurückkehren, solange wir noch Armeen brauchen.

Horst Wodarz, LV Bayern

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