Auf die durch den Lockdown geschlossenen Wirtschaftsbereiche Einzelhandel, Gastronomie, Kfz-Handel, Reisebüros und –veranstalter, Bildung, sowie die Kunst-, Kultur-, Sport- und Erholungsbranche entfallen zusammen etwa 13% der Bruttowertschöpfung Deutschlands. Weitere Branchen werden davon in Mitleidenschaft gezogen. Etwa 2 Millionen Arbeitnehmer befinden sich derzeit in Kurzarbeit. Die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht wurde bis Ende April 2021 verlängert. Durch die Schließungen geraten ganze Branchen in die Abhängigkeit von Zahlungen des Staates oder in den Konkurs. Über Jahrhunderte gewachsene Unternehmen, Wissen und Erfahrung stehen damit vor dem Ruin. Der Mittelstand trägt nicht nur Verantwortung für seine Mitarbeiter, sondern dient der Versorgung des Landes, seinen Kunden und Partnern, der Ausbildung und dem kommunalen Umfeld.
Unternehmer wollen keine Abhängigkeit von Staatsgeldern, sondern eigenverantwortlich wirtschaften. Lesen Sie hier den Erfahrungsbericht eines Unternehmers:
Die Maßnahmen, die durch die Regierung in der Pandemie zu Eindämmung von Covid19 getroffen wurden und noch werden, stellen kleine und mittelständische Unternehmen in unserem Land vor große Herausforderungen. Als Betreiber einer Sportstätte war mein Betrieb ebenso wie viele andere Einrichtungen im Sportbereich, in der Gastronomie, der Veranstaltungstechnik und anderen Branchen in den letzten zwölf Monaten großteils komplett geschlossen. Und dies obwohl umfangreiche Hygienekonzepte erarbeitet und umgesetzt wurden und keine überdurchschnittliche Verbreitung von Infektionen in den Einrichtungen nachweisbar war. Die Umsätze von Sportbetrieben und Fitnessstudios sind stark eingebrochen. Erhaltene Monatsbeiträge von Mitgliedern, die trotz der im Lockdown nicht erbrachten Leistung freiwillig weiterzahlten und für das Überleben der Einrichtungen essenziell wichtig waren, müssen nach der Krise erstattet werden. Unabhängig von den Umsatzeinbußen fallen monatlich Kosten für teils große Gewerbeflächen an. Freiberufliche Trainer mussten unentgeltlich freigestellt werden. Seit dem ersten Lockdown fehlt der Zugang an Neukunden, so dass sich zu den Fixkosten hohe Ausfälle durch fehlende Neuverträge addieren. Bei der Wiedereröffnung ist fraglich, ob Kunden bereit sind, längerfristige Verträge abzuschließen, was für Sportstätten ein finanzielles Risiko auch für die Zeit nach dem Lockdown darstellt.
Es gibt viele Unternehmer im Mittelstand, die Mieten im fünfstelligen Bereich zu zahlen haben. Diese sind für einen längeren Zeitraum nicht über Reserven finanzierbar. Um ihren Verbindlichkeiten nachzukommen, sind sie gezwungen, Kredite aufzunehmen und sich zu verschulden. Es ist unklar, wann und in welcher Höhe Staatshilfen an sie ausgezahlt werden. Gesunde Firmen werden in eine Abhängigkeit von der Bank und vom Staat gebracht und als Bittsteller behandelt.
Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) betonte am 17. März 2020 in der Sendung „Hart aber fair“, dass in der Krise keine Arbeitsplätze verloren gehen werden und dass die Hilfen für Unternehmen schnell und unbürokratisch fließen würden. Beides hat sich nicht bestätigt. Durch die Krise sind viele Menschen arbeitslos geworden, viele Freiberufler haben keine Aufträge mehr. Es befinden sich Millionen Menschen in Kurzarbeit oder sind direkt von Arbeitslosigkeit bedroht. Es ist absehbar, dass viele Schüler der Abschlussklassen in diesem Jahr keine Ausbildungsplätze finden werden, da eine langfristige Ausbildungsplanung für Betriebe derzeit gar nicht möglich ist.
Um den Schein der funktionierenden Wirtschaft zu wahren, ist die Insolvenzanmeldepflicht weiterhin ausgesetzt. Das hat zu Folge, dass Unternehmen, die bereits zahlungsunfähig sind, weiter wirtschaften und Waren sowie Dienstleistungen von stabilen Unternehmen kaufen können, wohlwissend, dass diese letztlich nicht bezahlbar sind. So werden gesunde Unternehmen mit in Zahlungsschwierigkeiten geraten. Bereits jetzt stehen laut einer Umfrage des Markt- und Sozialforschungsinstituts Kantar, die im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums durchgeführt wurde, 175.000 mittelständische Unternehmen vor der Insolvenz. Das Münchner ifo Institut kam im Juni 2020 zu dem Ergebnis, dass 21 % aller deutschen Firmen die coronabedingten Einschränkungen als existenzbedrohend bewerteten, was die Zahl der Insolvenzen auf bis zu 700.000 erhöhen könnte, sollten die Lockdowns in der aktuellen Form weitergeführt werden.
Der Mittelstand ist das Zugpferd unserer Wirtschaft. Während große Konzerne wie beispielsweise die Lufthansa mit Milliarden unterstützt werden, bangen Familien- und Traditionsbetriebe um ihre Existenz. Argumentiert wird mit dem Erhalt von Arbeitsplätzen. Mehr als die Hälfte aller Arbeitsverhältnisse sind jedoch im Mittelstand zu finden, wo mehr als ein Drittel des Gesamtumsatzes in Deutschland erwirtschaftet wird.
Neben den mittelständischen Betrieben gibt es viele Soloselbständige, die den bürokratischen Weg über den Steuerberater ausgeschlagen und die versprochene Soforthilfe bis 5000 Euro selbst beantragt haben. Diese wurden meist mit Kleinbeträgen abgespeist oder erhielten eine Ablehnung. Für viele reichen die Hilfen nicht einmal aus, um ihre Sozialversicherungen zu bezahlen.
Von den Staatshilfen wurde im ersten Lockdown ein einmaliger Betrag ausgezahlt, der in meinem Fall zum Abdecken der Fixkosten eines Monats ausreichte. Die darüberhinausgehenden Verbindlichkeiten sowie der entstandene Verlust durch das Fehlen neuer Verträge wurde nicht berücksichtigt. Im zweiten Lockdown kamen von den angekündigten Hilfen bisher nur eine Teilzahlung aus dem November. Nun ist Mitte Februar 2021. Neue Mitglieder gibt es aufgrund der Zwangsschließung gleichwie im Frühjahr 2020 nicht.
Die Unternehmer in Deutschland haben in den Sommermonaten zwischen den Lockdowns gezeigt, dass sie verantwortungsbewusst handeln und mit Hygienekonzepten die Ausbreitung von Covid19 eindämmen können. Viele Firmen, vor allem in der Gastronomie und im Sportbereich, haben in Schutzmaßnahmen investiert, damit sie geöffnet bleiben können. Trotz aller Bemühungen und Investitionen hat die Regierung die Unternehmen des öffentlichen Lebens geschlossen. Dies ist nicht nur eine finanzielle Katastrophe, sondern auch eine extreme psychische Belastung für die Unternehmer und deren Familien.
Wir stellen die Frage, ob es nicht sinnvoller wäre, Menschen kontrolliert unter Hygieneregeln in Gastronomie und Sporteinrichtungen zusammen kommen zu lassen, wenn doch bekannt ist, dass die meisten Infektionen im privaten Umfeld entstehen. Gerade in den Privatbereich wird die junge Generation gedrängt, wenn alle Freizeitaktivitäten des öffentlichen Lebens nicht möglich sind. Das Öffnen von Sportstätten wäre präventiv wichtig, da Sport nachweislich zur Gesunderhaltung von Jung und Alt beiträgt und das Immunsystem stärkt. Gerade auch für Kinder und Jugendliche ist Bewegung körperlich und seelisch wichtig – ganz besonders in einer Zeit von Homeschooling, Playstation und PC.
Horst Wodarz