Der „Globale Pakt für eine sichere, geordnete und reguläre Migration“ soll am 11. Dezember 2018 von der Zwischenstaatlichen Konferenz der Vereinten Nationen in Marrakesh angenommen werden. Die Beurteilung des Pakts spaltet das Land einmal mehr zwischen Globalisten und Nationalisten.

Der Globale Pakt stellt einen rechtlich nicht bindenden Kooperationsrahmen dar, der die internationale Zusammenarbeit zwischen allen relevanten Akteuren im Bereich der Migration fördern soll unter Wahrung der Souveränität der Staaten. Der Migrationspakt ist kein Plädoyer für die Einführung einer globalen Personenfreizügigkeit oder eines Menschenrechts auf Migration. Kein Flüchtling kann unter Berufung auf den Migrationspakt seine Aufnahme in einem Zielland erzwingen. Jeder Staat soll das souveräne Recht behalten, seine Migrationspolitik zu bestimmen und dabei eigene Regeln für die Einreise, die Niederlassung und den Zugang zum Arbeitsmarkt aufzustellen.

Dabei besteht der Pakt durchgängig aus Verpflichtungserklärungen der Staaten, die inklusive der verankerten Kontrollmechanismen nutzlos wären, wenn sie in den Staaten nicht umgesetzt werden: „Wir verpflichten uns, den multilateralen Dialog im Rahmen der Vereinten Nationen durch einen periodischen und wirksamen Folge- und Überprüfungsmechanismus fortzusetzen, der sicherstellt, dass die in diesem Dokument enthaltenen Worte in konkrete Taten zum Nutzen von Millionen von Menschen in allen Regionen der Welt umgesetzt werden.“ (S. 4)

Nicht nur NGOs dürften den Pakt damit als „Soft Law“ gegenüber Regierungen benutzen, wie bereits bei früheren zwischenstaatlichen Vereinbarungen.  Insbesondere der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte benutzt immer wieder den vorgeblichen Konsenscharakter ähnlicher Vereinbarungen für seine dehnbaren Auslegungen geltenden Rechts. So wird vorsorglich festgestellt: „Die Autorität des Paktes beruht auf seinem Konsenscharakter, seiner Glaubwürdigkeit, seiner kollektiven Trägerschaft und seiner gemeinsamen Umsetzung, Weiterverfolgung und Überprüfung;“ (S. 4)

Absichtserklärungen wie diese entfalten spätestens ihre Wirkung, wenn sie zum Gegenstand innenpolitischer Kampagnen werden. Diese Kampagnen sollen im vorpolitischen Bereich der Medien beginnen in Form von „Investitionen in ethische Standards der Berichterstattung und Werbung und durch Einstellung der öffentlichen Finanzierung oder materiellen Unterstützung von Medien, die systematisch Intoleranz, Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und andere Formen der Diskriminierung gegenüber Migranten fördern …“ (S. 23). Hingegen sollen Aufklärungskampagnen dazu dienen, „die öffentliche Wahrnehmung des positiven Beitrags einer sicheren, geordneten und regulären Migration zu gestalten …“ (S. 24)

Probleme aufgrund gravierender kultureller und religiöser Unterschiede und des Bildungsniveaus werden hingegen komplett ausgespart. Genau dort liegen jedoch die entscheidenden Hindernisse für die Integration von Migranten in ihre Gastländer, die vom globalistischen Ansatz des Migrationspakts nicht thematisiert oder ins Gegenteil verkehrt werden.

Positiv ist die beabsichtigte leichtere Anerkennung von ausländischen Berufsabschlüssen zu bewerten. Der Pakt soll „… die gegenseitige Anerkennung der Fertigkeiten, Qualifikationen und Kompetenzen von Arbeitsmigranten auf allen Qualifikationsniveaus erleichtern und eine bedarfsorientierte Aus- und Weiterbildung fördern, um die Beschäftigungsfähigkeit von Migranten auf dem formalen Arbeitsmarkt in den Zielländern und nach ihrer Rückkehr in die Herkunftsländer zu optimieren …“ (S. 24)

Allerdings sagt die Forderung einer „ethisch vertretbaren Rekrutierung von Arbeitskräften“ (S. 12) nichts darüber, wie das Ausbluten ärmerer Länder verhindert werden soll, wenn die westlichen Industriestaaten versuchen, ihren Nachwuchsmangel durch ausgebildete Fachkräfte aus diesen Ländern auszugleichen.

Offensichtliches Bestreben des Pakts ist es, Migration zu erleichtern – sei es über staatliche Beratung, erleichterten Familiennachzug, erschwerte Rückführungen oder straffreie illegale Grenzübertritte. Migration wird einseitig als „… eine Quelle des Wohlstands, der Innovation und der nachhaltigen Entwicklung darstellt“ (S. 3), die durch eine besser gesteuerte Migrationspolitik optimiert werden können.  Sie soll der nachhaltigen Entwicklung der Herkunfts-, Transit- und Zielländer dienen – deren Bedürfnisse und Interessen jedoch komplett unterschiedlich sind.

Der gravierendste Fehler der Bundesregierung war jedoch, dem Pakt ohne jede öffentliche Debatte und am Bundestag vorbei zustimmen zu wollen. Mit solchen undemokratischen Methoden verspielt sie die Akzeptanz und Unterstützung der Bevölkerung, ohne die die Maßnahmen des Migrationspakts zum Scheitern verurteilt sind.

Unverbindlich oder EU-Migrationspolitik?

Österreich, Ungarn, Tschechien, Estland, Bulgarien, Polen, Slowakei und Italien haben mittlerweile Widerstand gegen den UN-Migrationspakt angekündigt. EU-Kommissar Dimitris Avramopoulos fordert deshalb von Kritikern ein Ja zum UN-Migrationspakt. Der Pakt würde niemandem etwas aufdrängen und sei rechtlich nicht bindend. Das EU-Parlament hat jedoch bereits am 18. April 2018 seine Entschließung zu den globalen Pakten der Vereinten Nationen für eine sichere, geordnete und reguläre Migration und für Flüchtlinge (2018/2642(RSP)[1]) verabschiedet. Die EU-Kommission will den Pakt im Rahmen der gemeinsamen Migrationspolitik umsetzen. Vor diesem Hintergrund ist das Drängen der Kommission auf Zustimmung der Mitgliedsstaaten zu sehen.

Angesichts der Uneinigkeit zwischen den Mitgliedsstaaten verlangt das EU-Parlament nun einen eigenständigen Verhandlerstatus in Marrakesch, obwohl die Kommission internationale Verträge verhandelt. Bisher ist eine gemeinsame EU-Migrationspolitik immer wieder gescheitert. Die Abstimmung über die Entschließung zum Thema „Humanitäre Visa“ am 13. November 2018 in Straßburg scheiterte an der Hürde der qualifizierten Mehrheit. Da das Abstimmungsergebnis den Verfechtern aus Grünen, Linken und Sozialdemokraten missfiel, entschieden die Fraktionsvorsitzenden bereits am darauffolgenden Tage, die Abstimmung zu wiederholen – so lange, bis das gewollte Ergebnis zustande kommt.

03.12.2018

Karin Heepen

 

[1] http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=-//EP//TEXT+TA+P8-TA-2018-0118+0+DOC+XML+V0//DE

Beschlusstext: Globaler Pakt für eine sichere, geordnete und reguläre Migration (deutsch)

http://www.un.org/depts/german/migration/A.CONF.231.3.pdf