Seit über einer Woche bombardiert die Türkei erneut kurdische Gebiete in Nordsyrien und im Irak und kündigt eine Bodenoffensive an. Die NATO schweigt dazu und Bundesinnenministerin Faeser versicherte ihrem türkischen Amtskollegen den Beistand Deutschlands im Kampf gegen den Terrorismus. Bündnis C fordert die Bundesregierung auf, gegen den erneuten Völkerrechtsbruch der Türkei bei der NATO zu intervenieren, um den Angriffskrieg der Türkei zu stoppen.

Der türkische Präsident Erdogan nahm den Terroranschlag am 13. November in einer Fußgängerzone in Istanbul zum Anlass, um erneut die kurdischen Autonomieregionen in Nordostsyrien und Kurdistan (Irak) anzugreifen. Schulen, Krankenhäuser, Getreidelager, Ölfelder und Infrastruktur werden zerstört mit täglich mehr Opfern unter Zivilisten und den syrisch-demokratischen Streitkräften. Zudem wurde durch einen gezielten Angriff auf das Internierungslager Al-Hol IS-Kämpfern die Flucht ermöglicht. Die Türkei hält nach mehreren vorangegangenen Invasionen bereits große Landstriche der Grenzregion besetzt und kündigte eine weitere Bodenoffensive an, vorgeblich um die kurdische Miliz YPG auszurotten, die sie als Arm der PKK sieht.

Weder von Nordsyrien noch vom Irak gingen Angriffe auf die Türkei aus, die den Beschuss rechtfertigen würden oder ein Recht auf Selbstverteidigung. Die kurdischen Autonomieregionen sind kein Terrorstaat, wie Erdogan behauptet, sondern die einzige demokratisch verwaltete Region in Syrien, die Ankara zu zerschlagen versucht. Dass Bundeskanzler Scholz und Außenministerin Baerbock schweigen und lediglich Bundesinnenministerin Faeser beim Antrittsbesuch bei ihrem Amtskollegen Soylu in Ankara am 22. November die Verhältnismäßigkeit der Angriffe ansprach, heißt nichts weiter, als dass die Bundesregierung die völkerrechtswidrige Aggression billigt.

Die USA haben Erdogan zur Deeskalation aufgerufen, die NATO schweigt jedoch, weil sie die Zustimmung der Türkei zum Beitritt Schwedens und Finnlands brauchen. Putin als wichtigster Verbündeter von Syriens Präsident Assad verweigerte bisher Erdogan seine Zustimmung zu einer Bodenoffensive. Die syrische Armee von Assad verteidigt teilweise mit die Grenze zur Türkei. Sollten das Assad-Regime und Ankara ihre bisherige Feindschaft beilegen, sind die Kurden und deren demokratische Selbstverwaltung akut gefährdet wie auch deren Kontrolle über den IS in der Region. Die Türkei könnte damit ihren Einflussbereich in der Region weiter ausdehnen und die islamistischen Kräfte stärken.

Damit würden nicht zuletzt die Gefahren für Israel vom Norden her weiter zunehmen. Israels Staatspräsident Isaac Herzog hat am 13.11. den Likud-Vorsitzenden Benjamin Netanjahu mit der Bildung einer neuen Regierung beauftragt. Das Netanjahu-Lager verfügt seit den Neuwahlen am 1. November über eine absolute Mehrheit in der Knesset. Angesichts der gefährlichen Entwicklungen im Nahen Osten wird Netanjahu vor allem als Garant für die Stärke Israels gesehen. Die Terroranschläge vor allem in Judäa und Samaria reißen nicht ab. Das iranische Regime ist durch die Proteste zwar innenpolitisch angeschlagen. Die Revolutionsgarden behaupten jedoch ihre Macht, und Teheran weitet seinen Einfluss vor allem in Syrien und im Irak aus. Der Libanon ist seit Anfang November ohne Regierung, was der vom Iran gesteuerten Hisbollah Auftrieb gibt, das Machtvakuum zu füllen. Damit wird auch das Abkommen mit Israel über die Seegrenze und die Erdgasvorkommen im Mittelmeer wieder fraglich. Russland und der Iran verfolgen im Krieg in Syrien, gegen die Ukraine und im Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan dieselben Machtinteressen.

Es ist im Interesse Deutschlands und Israels, Europas und der NATO, weiteren Aggressionen von NATO-Partner Türkei gegen Syrien und den Irak entschieden entgegenzutreten und einen Riegel vorzuschieben. Dazu muss die mindeste Konsequenz seitens der deutschen Regierung der sofortige Stopp sämtlicher Rüstungsexporte an die Türkei sein, damit Nachbarländer nicht mit deutschen Waffen attackiert werden.

Bündnis C unterstützt den „Frankfurter Appell“ des Vereins Städtefreundschaft Frankfurt-Kobanê e.V. an die Bundesregierung, bei der Türkei, den Vereinten Nationen und der NATO zu intervenieren, um den Angriffskrieg gegen die Autonomiegebiete von Nord- und Ostsyrien zu beenden.