SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP beginnen heute Koalitionsverhandlungen. Laut Sondierungspapier wollen sie als „Fortschrittskoalition“ die Weichen für eine umfassende soziale, ökologische, wirtschaftliche, digitale und gesellschaftliche Erneuerung des Landes stellen. Die politischen Frontstellungen der konträren ideologischen Prägungen der Parteien werden darin in einer dominierenden Klima- und Gender-Politik aufgeweicht, die Mensch und Umwelt unter ihre Kontrolle bringen will. Bündnis C ruft die beteiligten Parteien in die Verantwortung vor Gott und den Menschen.
Der Staat soll digital, schneller und effektiver werden und Genehmigungsverfahren insbesondere für klimapolitische Projekte abkürzen. Ein Klimaschutz-Sofortprogramm soll Gesetze, Verordnungen und Maßnahmen für alle Sektoren der Wirtschaft festschreiben und eine sozial-ökologische Marktwirtschaft klimaneutralen Wohlstand schaffen. Industrie und Landwirtschaft sollen unterstützt werden, die Transformationsvorgaben umzusetzen. Zwei Prozent der Fläche des Landes sollen für Windkraft ausgewiesen werden – wogegen sich bereits jetzt Kommunen und Anwohner wehren. Der Ausstieg aus der Kohleverstromung soll auf 2030 vorverlegt und durch Gaskraftwerke ersetzt werden – während Gas zum aktuellen Unsicherheitsfaktor in der Energieversorgung wird. Deutschland soll zum Leitmarkt für Elektromobilität werden – ungeachtet der Risiken batteriebetriebener Fahrzeuge. Zum Katastrophenschutz sagt das Sondierungspapier nichts. Klimamaßnahmen werden aber Stürme und Überschwemmungen nicht verhindern.
Der Mindestlohnsoll auf 12 Euro erhöht und das Mindestrentenniveau ohne Beitragserhöhung gesichert werden. Hartz IV wird ein digitales Bürgergeld und bisherige Familienleistungen sollen in einer Kindergrundsicherung aufgehen. Es sollen 400 000 Wohnungen pro Jahr gebaut werden, ein Viertel davon öffentlich gefördert. Die Finanzierung der Vorhaben ist offen. Einkommens-, Unternehmens- oder Mehrwertsteuer sollen nicht erhöht und die grundgesetzliche Schuldenbremse beibehalten werden.
Wir befürworten, in der Gesundheitspolitik Vorsorge und Prävention zum Leitprinzip zu machen. Damit sollte eine zukünftige Bundesregierung im Falle einer Pandemie der Bevölkerung umfassende Empfehlungen zur natürlichen Stärkung der eigenen Immunabwehr geben, statt riskante Impfungen als alleinigen Ausweg zu propagieren. Wir befürworten ebenso bessere Arbeitsbedingungen und angemessene Löhne in der Pflege, jedoch keine Anwerbeoffensiven für teuer ausgebildete ausländische Fachkräfte, die in ihren Herkunftsländern fehlen – weder für das Gesundheitswesen noch für die Wirtschaft. Die beabsichtigte „Exzellenzinitiative Berufliche Bildung“ kann hingegen auch jungen Menschen aus ärmeren Ländern Ausbildungschancen geben.
Im Grundgesetz sollen starke Kinderrechte und in Art. 3 Abs. 2 die sexuelle Identität verankert werden. Damit bekäme die Gender-Ideologie Verfassungsrang. Staatsangehörigkeitsrecht, Familienrecht, Abstammungsrecht und das Transsexuellengesetz sollen der „gesellschaftlichen Realität“ angepasst werden, ebenso wie die Regelungen zur Reproduktionsmedizin – sprich Abtreibung und Embryonenforschung. Aus Familien sollen „Verantwortungsgemeinschaften“ werden, Frauen aber eigenständig ihren Lebensunterhalt und ihre Altersvorsorge sichern. Das Wahlalter soll auf 16 Jahre gesenkt werden – weil Jugendliche ideologisch manipulierbarer sind?
Mit diesen Gesetzesänderungen werden grundlegende, die schöpfungsgemäße Identität des Menschen betreffende Gesellschaftsvorstellungen verabschiedet. Die gesellschaftlichen Dekonstruktionen, die damit festgeschrieben werden sollen, wurden maßgeblich von den ideologischen Strömungen der drei agierenden Parteien über Jahrzehnte herbeigeführt. Als Fortschritt greift nun ein Zeitgeist nach der Macht, der Sozialdemokratie, Liberalismus und Neomarxismus in einer sozialistischen agierenden Klima- und Gender-Politik verbindet. Auch wenn man nicht alle Politikfelder auf diesen Nenner reduzieren kann, gibt er für die gewollte Transformation die Richtung an.
Leider hat die CDU in den letzten Legislaturperioden immer mehr versagt, auf die existentiellen Fragen der Ökologie des Menschen und der Schöpfung christlich fundierte politische Antworten zu geben, und damit dem jetzigen Umbruch zivilisatorischer Fundamente mit den Weg bereitet. Wer christlich im Namen führt, muss sich aber daran messen lassen. Sich stattdessen nur noch auf den Status einer Volkspartei zu berufen und scheinbaren Mehrheiten zu folgen, verspielt die Macht zu regieren. Eine Politik, die sich des Menschen und der Schöpfung mittels selbstgesetzter Ziele bemächtigen will, wird scheitern, auch wenn eine Mehrheit sie befürwortet. Ohne das Fundament des Wortes Gottes und der uns gegebenen Lebensordnungen ist keine Politik nachhaltig, sondern baut auf Sand.
Das gilt auch für Deutschlands Rolle in der Welt, die die drei nun verhandelnden Parteien aus ihren Perspektiven definieren wollen. Die digitale Infrastruktur, ein gemeinsames Eisenbahnnetz und die Energieinfrastruktur sollen europäisch werden. SPD, Grüne und FDP wollen nicht mehr Deutschland stärken, um die EU zu stärken, sondern umgekehrt. Deutsche Interessen sollen über die europäischen Interessen definiert werden. Damit wird der ursprüngliche Gedanke der Europäischen Union als Gemeinschaft souveräner Nationalstaaten umgekehrt und Deutschland seiner Identität beraubt. Es können aber nur starke Nationen in Freundschaft und gegenseitiger Ergänzung ein starkes Europa bilden. Die EU wird nie stärker sein als ihre Mitgliedsländer. Deutschland darf zudem seine Europapolitik nicht nur an der deutsch-französischen Partnerschaft ausrichten, sondern sollte im Sinne des Weimarer Dreiecks unsere Beziehung zu Polen stärken, um die Ost-West-Spannungen in der EU auszugleichen.
Multilaterale Kooperation im internationalen Kontext mit der Maßgabe unserer fraglichen demokratischen Werte tritt anderen Staaten mit einer moralischen Hybris entgegen, an der die Welt nicht genesen wird von ihren Spannungen und Spaltungen. Deutschland kann anderen Nationen zum Guten dienen, wenn es die Überheblichkeit ablegt und nach unserer Berufung in den Umbrüchen der Geschichte fragt, in denen wir stehen.
Bündnis C ruft die beteiligten Parteien der Koalitionsverhandlungen in die Verantwortung vor Gott und den Menschen, der auch die nächste Bundesregierung nach dem Grundgesetz verpflichtet ist.