Anfang Mai hat das Europäische Parlament mit knapper Mehrheit für einen Vorschlag zur Reform des Wahlverfahrens zum Europaparlament im Vorfeld der Europawahl 2024 gestimmt. Neben einer Sperrklausel von 3,5 Prozent und der Schaffung eines europäischen Wahlkreises soll das Datum der Europawahl auf den 9. Mai festgelegt werden. Bündnis C appelliert an den Europäischen Rat, die Gesetzesinitiative zurückzuweisen.

Ein Kernpunkt der Resolution ist eine minimale Sperrklausel von 3,5% für „nationale Wahlkreise, die mehr als 60 Sitze umfassen“.1 Mit nationalen Wahlkreisen sind die Mitgliedsstaaten gemeint. Die Klausel betrifft als einziges Land Deutschland mit mehr als 60 Sitzen im EU-Parlament; Frankreich und Italien haben bereits eine Sperrklausel. Damit werden kleine Parteien in großen, bevölkerungsreichen Staaten unverhältnismäßig benachteiligt. 2014 hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die vom Bundestag seinerzeit eingesetzte Dreiprozenthürde bei der Europawahl mit dem Grundgesetz nicht vereinbar ist.

Die beschlossene Resolution betont die Intention der weiteren Demokratisierung der Europawahl, tut aber mit der Sperrklausel das Gegenteil, indem sie die etablierten großen Parteien bevorteilt. Kleinere Parteien sind mehr im Kontakt mit den Bürgern und deren Bedürfnissen, sprechen Themen an, die große Parteien häufig vernachlässigen, und bereichern damit die Debattenkultur. Oft repräsentieren sie politische Minderheiten, die für eine lebendige Demokratie essentiell sind.

Die Herabsetzung des Wahlalters auf 16 Jahre dient weniger der Demokratisierung der EU als der einfacheren ideologischen Beeinflussung jüngerer Wähler.

Eine weitere Reform ist die Schaffung eines europaweiten Wahlkreises, in dem – zusätzlich zu den 705 Mitgliedern des Europaparlaments – 28 Mitglieder von einer transnationalen Liste gewählt werden. Die EU-Bürger hätten dann zwei Stimmen bei der Europawahl: eine für einen Kandidaten ihres Landes und eine für einen Kandidaten der europäischen Liste. Über den Präsidenten der Europäischen Kommission soll ebenfalls anhand der Ergebnisse der transnationalen Liste entschieden werden. Mit dieser Reform wird eine weitere Zentralisierung der Macht auf EU-Ebene angestrebt und eine Föderale Europäische Union auf den Weg gebracht, die die Zuständigkeiten der Mitgliedsstaaten immer weiter einschränkt.

Die Wahlen zum Europaparlament sollen außerdem europaweit am 9. Mai stattfinden, der als Europatag begangen wird in Erinnerung des Schuman-Vertrages und der Geburtsstunde der Europäischen Union. Die Festlegung des Datums für die Wahlen ignoriert jedoch kulturelle und religiöse Aspekte, Wochentage und Feiertage, deren Bedeutung unter Umständen höher anzusiedeln ist als die Europawahl. Für die Europawahl 2024 liegt der 9. Mai auf Christi Himmelfahrt, in vielen europäischen Ländern ein nationaler Feiertag. Die Mitgliedsländer sollten weiterhin den Wahltag innerhalb einer bestimmten Periode selbst festzulegen.

Aufgrund der antidemokratischen, föderalistischen Maßnahmen appellieren wir gemeinsam mit der European Christian Political Movement (ECPM) an den Europäischen Rat, diese von Europaparlament vorgeschlagene Gesetzesinitiative zurückzuweisen.

1 https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/TA-9-2022-0129_DE.html