Am 8. September wurde auf Lesbos das seit langem überfüllte Flüchtlingslager Moria von Bewohnern angezündet und niedergebrannt. Wenig später brannte es auf Samos. Die Bundesregierung will 1500 Menschen aufnehmen, während die griechische Regierung auf ordnungsgemäßen Asylverfahren besteht. Die EU-Kommission hat mittlerweile ihre Pläne für eine Reform des europäischen Asylsystems vorgestellt mit schnelleren Asylverfahren und mehr Abschiebungen. Um den Konflikt im Mittelmeer zu entschärfen, müssen geregelte Zugänge an gesicherten Außengrenzen geschaffen werden.
Die Mehrheit der etwa 12 000 Migranten aus dem abgebrannten Lager in Moria ist inzwischen in ein provisorisch errichtetes Zeltlager auf Lesbos umgezogen. Sechs Afghanen wurden festgenommen unter dem Verdacht der Brandstiftung. Viele verweigern sich jedoch dem neuen Lager und wollen auf das Festland, um nach Europa zu gelangen. Die griechische Regierung verhindert das und besteht auf Abschluss der Asylverfahren, um keine weiteren Flüchtlinge zu animieren, über das Mittelmeer zu kommen. Sie hat nicht um Aufnahme von Flüchtlingen gebeten, sondern um mehr Hilfe vor Ort bei deren Versorgung und den Asylverfahren. Während das Elend in den Lagern auf den griechischen Inseln immer mehr zunahm, sind die Einheimischen weitgehend ungeschützt Einbrüchen und Hausbesetzungen, Müll und Plünderungen ausgesetzt.
Mittlerweile hat Griechenland dem Beschluss der Bundesregierung zugestimmt, 1553 Menschen – 408 Familien mit Kindern – von den Inseln aufzunehmen, die bereits einen anerkannten Flüchtlingsstatus haben. Das hilft den Familien, löst jedoch das Problem nicht. Einige Bundesländer wollen mehr Menschen aufnehmen, während die Bundesregierung vor allem eine europäische Lösung und mehr vor Ort helfen will. Eine europäische Migrationspolitik mit Verteilquoten ist jedoch bisher ebenso gescheitert wie der Flüchtlingsdeal mit der Türkei. Im Februar hatte Erdogan Tausende die Grenze nach Griechenland passieren lassen, um weitere Zahlungen der EU aus dem Pakt zu erpressen und um seinen Krieg in Syrien zum Bündnisfall zu erklären. Gegen den von Erdogan erzeugten Ansturm wurden die FRONTEX Einheiten an den EU-Außengrenzen verstärkt. Seitdem nimmt die Türkei keine Migranten mehr zurück, die illegal nach Griechenland gelangt sind. Der Grundkonflikt zwischen Europa, dem Nahen Osten und Nordafrika spitzt sich an den südlichen Grenzen Europas immer mehr zu und braucht klare Regeln vonseiten der EU, mit denen Europa seiner humanitären wie auch geopolitischen Verantwortung gerecht wird.
Am 22. September hat die EU-Kommission ihre Pläne für die Reform des europäischen Asylsystems vorgestellt. An den EU-Außengrenzen soll eine Vorprüfung feststellen, ob Neuankömmlinge eine Aussicht auf Asyl in Europa haben. Ein großer Teil der Asylsuchenden, die heute in Europa ankommen, kann keinen Schutzbedarf geltend machen, sondern versucht, über das Asylsystem einzuwandern. So verständlich das in vielen Fällen sein mag, können Zuwanderer nicht über illegale Wege des Mittelmeers in Europa aufgenommen werden. Mit den Herkunftsländern sollen neue Vereinbarungen verhandelt werden über die Rückführung abgelehnter Asylbewerber.
Unserem humanitären Verständnis entspricht es, Verfolgten Asyl und Kriegsflüchtlingen Schutz zu gewähren. Dafür brauchen wir gesicherte europäische Außengrenzen und kontrollierte Zugänge, die den Konflikt im Mittelmeer entschärfen. Für die Realisierung ihres neuen Migrationsplanes muss die EU vor allem in den Lagern Griechenlands und Italiens gemeinsame Unterstützung leisten bei den Asylverfahren und der menschenwürdigen Unterbringung der Menschen, auch um Krieg zwischen Einheimischen und Migranten auf den Inseln zu verhindern.
Die Aufnahme von anerkannten Flüchtlingen liegt weiter in der Verantwortung der EU-Mitgliedsstaaten und kann durch einen EU-Migrationspakt nicht erzwungen werden. Die Bundesregierung kann die Zeit der verbleibenden deutschen Ratspräsidentschaft nutzen, um einen Ausgleich der Interessen der EU-Mitgliedsstaaten in einer gemeinsamen Migrationspolitik zu erreichen.