Am Aschermittwoch 2020 entschied das Bundesverfassungsgericht, dass das bis dahin geltende Verbot geschäftsmäßiger Sterbehilfe verfassungswidrig ist. Seitdem steht eine Neuregelung von Suizidhilfe bzw. Sterbebegleitung durch den Gesetzgeber aus. Ende November 2022 gab es im Bundestag die erste Anhörung zu drei fraktionsübergreifenden Anträgen, die mit unterschiedlichen Bedingungen Sterbehilfe legalisieren wollen. Bündnis C fordert den Bundestag auf, eine gesetzliche Regelung zu schaffen, die nicht der Hilfe zum Sterben, sondern zum Leben unanfechtbar Geltung verschafft.

Euthanasie bedeutet, dass ein Arzt die Tötung vornimmt, während bei Sterbehilfe ein Arzt dabei hilft, sich selbst zu töten. Wenn eine Person im Vollbesitz ihrer geistigen Fähigkeiten die Ernährung oder eine medizinische Behandlung verweigert, handelt es sich nicht um Euthanasie. Ebenso ist es keine Euthanasie, wenn ein Arzt eine medizinische Behandlung abbricht, weil sie keine Linderung des Leidens oder eine Lebensverlängerung bringen kann. Daher muss unterschieden werden zwischen dem Töten eines Menschen und dem Sterbenlassen, was bedeutet, nicht in einen Prozess einzugreifen, der bereits im Gange ist.

Die selbstbestimmte Verfügung über das eigene Leben und Sterben bezeichnet das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 26.02.2020 als unmittelbaren Ausdruck der der Menschenwürde innewohnenden Idee autonomer Persönlichkeitsentfaltung. Diese Definition der Menschenwürde lehnen wir ab, da der Mensch sich weder selbst das Leben noch seine Würde geben kann. Im Gegenteil nimmt er sich mit der Selbsttötung das Leben und seine Würde und gibt sie damit auf.

Wie in der Urteilsbegründung zutreffend festgestellt wird, ist in Ländern wie Belgien mit liberalen Regelungen zur Suizid- und Sterbehilfe ein stetiger Anstieg assistierter Selbsttötungen und von Tötungen auf Verlangen zu verzeichnen. Dieser Anstieg geht mit dem vom BVG statuierten Irrglauben einher, dass „der eigene Tod nicht mehr als unbeeinflussbares Schicksal hingenommen werden muss.“ Damit macht sich der Mensch zum vermeintlichen Herrn über Leben und Tod.

Das sechste Gebot „Du sollst nicht töten“ (2Mose 20,13) verbietet jede Handlung, die vorsätzlich das Leben eines Menschen beendet. Das Verbot zu töten, gilt für alle Menschen, auch für unheilbar Kranke. Mit der Zulassung von ärztlich assistiertem Suizid geht die Gefahr einher, dass auf ältere und schwer kranke Menschen Druck ausgeübt wird, deren Versorgung große Ressourcen der ohnehin begrenzten Gesundheitsversorgung benötigt, und dass aus dem Recht auf Sterben sukzessive eine Verpflichtung zum Sterben wird. Ärzte zeigen zurecht wenig Bereitschaft, Suizidhilfe zu leisten, und dürfen dazu keinesfalls verpflichtet werden.

Selbstbestimmte Autonomie auch im Sterben ist eine humanistische Illusion und gerät zwangsläufig mit der Verantwortung z. B. von Angehörigen in Konflikt, die ihr selbstbestimmtes Leben einschränken zugunsten der Pflege eines alten Menschen. Diese Opferbereitschaft und bestmögliche Behandlung Schwerkranker zu stärken, ist das Anliegen von Bündnis C für eine humane Gesellschaft. Im Vordergrund stehen dabei Suizidprävention statt Sterbehilfe und der Ausbau der Palliativmedizin. Wir fordern die Bundesregierung auf, mit einer neuen gesetzlichen Regelung nicht der Hilfe zum Sterben, sondern der Hilfe zum Leben unanfechtbar Geltung zu verschaffen.