Die christlichen Wurzeln Europas würdigen und die Zukunft gestalten

Am 1. und 2. November 2024 lud die European Christian Political Movement (ECPM) zusammen mit Bündnis C – Christen für Deutschland zu einer gemeinsamen Veranstaltung in Bad Blankenburg ein. Karin Heepen, Vizepräsidentin der ECPM und Vorsitzende von Bündnis C, eröffnete die Veranstaltung mit der Vorstellung der Sprecher und hob die Bedeutung der Beziehungen zwischen der ECPM und Bündnis C als deutscher Mitgliedspartei hervor. In ihrer Einführung zum Thema wies sie auf die verstärkte Polarisierung Europas und die Verschiebung der Kräfteverhältnisse im Europäischen Parlament hin zugunsten konservativer und nationaler Parteien seit der letzten Europawahl. Auch die Christen sind weithin gespalten zwischen mehr rechten und linken Parteien. Dieser Lagerwahlkampf wurde am enttäuschenden Ergebnis der Europawahl für Bündnis C sichtbar und noch mehr bei der Landtagswahl in Sachsen. Mit Blick auf die ungarische EU-Ratspräsidentschaft betonte sie, dass diese Europa nicht weiter zerreißen, sondern gute Früchte tragen soll. Als Christen wollen wir Straßen des Friedens bauen quer durch Europa. Das ist auch die Friedensmission der ECPM, politische Kräfte zu verbinden.

Als Sprecher der ECPM konnten wir Marton Gyöngyösi begrüßen, vormaliger ungarischer Europaabgeordneter und neuer Direktor für internationale Beziehungen der ECPM. Er erläuterte den Teilnehmern die Rolle der europäischen politischen Parteien und stellte die Arbeit der ECPM, unsere Abgeordneten im Europäischen Parlament und ihre Position in der derzeitigen Zusammensetzung des Parlaments vor.

Er erläuterte die Prioritäten der neuen Europäischen Kommission:

  1. Ein freies und demokratisches Europa, das die europäischen Werte innerhalb der EU erhält und sich für deren Einfluss auf globaler Ebene einsetzt, wo illiberale Mächte die Nachkriegs-Weltordnung, Demokratie und soziale Marktwirtschaft in Frage stellen.
  2. Ein starkes und sicheres Europa, das mit einer einheitlichen geopolitischen Position und kohärentem außenpolitischen Handeln Einfluss auf der Weltbühne nimmt und durch die Stärkung der europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik seine Bürger schützen kann. Dafür muss die EU ein umfassendes Konzept für Migration und Grenzschutz entwickeln.
  3. Ein wohlhabendes und wettbewerbsfähiges Europa, das seine Wirtschaft, freien Handel und Innovation stärkt. Wie kann die EU mit grünem und digitalem Wandel gegenüber den USA und China wettbewerbsfähig bleiben?

Gyöngyösi erklärte, wo die ECPM im heutigen Europa steht, und hob dabei die wichtigsten Punkte des politischen Programms der ECPM hervor:

  1. Die Menschenwürde ist der Eckstein aller Menschenrechte. Leben muss von der Empfängnis bis zum natürlichen Tod geschützt werden.
  2. Eine relationale Sichtweise auf die Wirtschaft stellt das Wohlergehen aller in den Vordergrund. Wir sorgen für die Schöpfung Gottes und fördern lokale und zirkuläre Wirtschaftslösungen.
  3. Die Familie ist die wichtigste soziale Einheit und geht dem Staat voraus. Die EU muss die auf der Ehe zwischen Mann und Frau beruhende Souveränität der Familie und das Recht der Eltern auf Erziehung ihrer Kinder respektieren.
  4. Im Mittelpunkt der Außenpolitik muss die Würde des Menschen stehen. Wir setzen uns für Solidarität und Zusammenarbeit in den Bereichen Migration, Grenzschutz und Cybersicherheit ein.
  5. Der Kampf gegen jede Form moderner Sklaverei umfasst Zwangsprostitution, Menschenhandel und Kinder- oder Zwangsarbeit aus den Lieferketten zu eliminieren.
  6. Die EU muss ihre Bürokratie abbauen und unnötige Agenturen abschaffen. Statt einem EU-Superstaat schlagen wir ein konföderales Modell vor.
  7. Wir fördern die christlichen Werte, auf denen die EU gegründet wurde, und setzen uns für Religions-, Glaubens- und Gewissensfreiheit ein.

Schließlich wies er auf die Gefahren hin, die von verschiedenen Seiten ausgehen, die das Christentum opportunistisch als Mittel zur Erreichung politischer Ziele einsetzen. Als Christen müssen wir tiefer gehen in dieser Zeitenwende und christlich fundierte Programme anbieten.

Ludwig Grünert, Mitinitiator einer Jugendorganisation von Bündnis C, informierte die Teilnehmer über die letzte ECPYouth-Sommerschule in Bukarest, an der politisch engagierte junge Christen aus 14 Ländern teilnahmen. Die Teilnehmer reflektierten über die christlichen Wurzeln Europas, relationales Denken als innovativen Politikansatz und wie sie als politisch aktive Gläubige standhaft bleiben, nach Vorbildern und Verbündeten suchen, um selbst zu Vorreitern zu werden und einen Beitrag zur Gesellschaft zu leisten.

Michael Ragg (Ragg’s Domspatz GbR), Journalist und TV-Moderator, schloss die Veranstaltung mit einem Vortrag über die Ursprünge der europäischen Werte ab. Er sprach ausführlich über die christlichen Wurzeln Europas und betonte, dass die Seele Europas das Christentum sei. Das Christentum habe die Idee der Menschenwürde nach Europa gebracht. Im Laufe der Geschichte setzten sich die Christen für die Würde der Ausgegrenzten in der Gesellschaft ein. Er ging ferner darauf ein, wie das Konzept der Menschenwürde verschiedene Aspekte des gesellschaftlichen Verhaltens beeinflusst. Als Beispiele nannte er Solidarität und Hilfe für den Mitmenschen (in Anlehnung an das Gleichnis vom Barmherzigen Samariter), die besondere Wertschätzung von Kindern, die Gleichberechtigung von Frauen und Männern, Meinungsfreiheit und eine christliche Arbeitsethik, die dem Gebot „Macht euch die Erde untertan“ folgt und den Weg für Entdeckungen und technologischen Fortschritt ebnete. Heute befindet sich unsere Kultur in gewissem Maße im Niedergang, so Ragg weiter. Oswald Spengler stellt in seinem vor 100 Jahren geschriebenen Buch „Der Untergang des Abendlandes“ eine pessimistische Theorie auf. Kulturen seien wie Pflanzen – sie wachsen, blühen und sterben schließlich. Das Christentum folgt nicht diesem Muster. Der Philosoph Arnold Toynbee vertrat die Ansicht, dass Kulturen nicht untergehen, sondern sich selbst zerstören. Wenn die Dinge kritisch werden, wenn eine Kultur an einem Scheideweg steht, bestimmen jedoch nicht die Massen die weitere Richtung, sondern kreative Minderheiten. Im Römischen Reich waren die Christen nur 15 % der Bevölkerung, aber sie waren entschlossen, vernetzt und wurden zu einer entscheidenden Kraft. Christen sollen heute unserer Gesellschaft Orientierung geben, die weitgehend vergessen hat, was unsere Kultur ausmacht. Wir haben unserer Umwelt mehr zu bieten, als wir glauben. Auch wenn uns die Macht und die Zahlen fehlen, können wir andere inspirieren und neue Ideen anstoßen.