Schon bei unserer Anreise mit den öffentlichen Verkehrsmitteln am Freitag fiel mir die gelöste, familiäre Stimmung auf, die in den überfüllten Zügen herrschte. Christen auf dem Weg zu einem gemeinsamen Großereignis … das ist ein Geschenk, dessen Wert wir in Europa vielleicht nicht immer ganz zu schätzen wissen.

Unser Stand befand sich nicht in der Halle, in der die anderen Parteien untergebracht waren, sondern in ziemlich günstiger Lage im Bereich der Missionsgesellschaften, gleich gegenüber einem der Eingangsbereiche. So passierten viele Besucher unseren Stand direkt nach Betreten der Halle und wurden auf unsere Angebote aufmerksam. Unter anderem hatten wir die Seitenwände mit vielen Fragebögen dekoriert, auf denen unsere Gäste ihre Gedanken zum Ausdruck bringen konnten zu Fragen wie: Was könnte eine neue Regierung tun, um Gelder einzusparen? Was erwartet ihr von einer neuen Regierung? Was kann getan werden, um den Kleinen und Schwachen eine Stimme zu geben?

Solche und ähnliche Fragestellungen dienten uns als Gesprächseinstieg. Wunderbar viele Besucher brachten dann auch ihre Meinungen und Anregungen zu Papier und – was noch viel wichtiger war – in den Dialog ein. Die meisten Gespräche verliefen gut, anregend und teilweise erstaunlich tiefgründig. Da war der Besucher, der uns zum Thema Israel ansprach und uns spannende Einblicke in seine Erfahrungen mit Israelis und deren Meinung zum derzeitigen Konflikt anbot. Da waren die jungen Leute, die wirkliches Interesse an unserer Partei zeigten und wie sehr ihnen an einem Wandel der Gesellschaft hin zu echten Werten und tragfähigen Familienkonzepten gelegen war. Da waren die vielen Besucher aus aller Herren Länder, die sich unsere Ziele und Beweggründe erläutern ließen und uns als Geschwister im Herrn Gebete und Segen anboten.

Auch schwierige Themen gab es immer wieder: Was war unsere Meinung zu Homosexualität und der Ehe für alle? Was dachten wir über die LGTBQ-Bewegung? Schnell wurde deutlich, dass es nur möglich ist, Menschen ins Nachdenken über Gott und seine guten Ordnungen mit hineinzunehmen, wenn man sich für solche Gespräche Zeit nimmt und sein Gegenüber nicht mit vermeintlicher geistlicher Überlegenheit zu überzeugen versucht. Nur im Austausch und mit echtem Interesse an den Blickwinkeln des Gesprächspartners kann hier die Grundlage für ein tiefes Verständnis der biblischen Wahrheiten gelegt werden. Und es war immer wieder ein Grund zur Freude, wenn sich zum Abschluss eines Gesprächs unser Gegenüber mit Dank für die wertschätzende und herzliche Atmosphäre verabschiedete.

Einem spontanen Einfall folgend, brachten wir etliche Bibelverse zu Papier und verschenkten sie als kleinen Segensgruß an jeden, mit dem wir an unserem Stand ins Gespräch kamen. Selbst diejenigen, die eher Skepsis und Zurückhaltung an den Tag legten, verließen uns so mit einem Lächeln und einem guten Gedanken im Gepäck.

Es war ein Segen, dass wir überhaupt auf dem Kirchentag vertreten sein durften. Gruppen wie AlfA e.V. oder Kaleb e.V., die sich dem Lebensschutz verpflichtet haben, waren nicht zugelassen worden und versuchten daher, vor den Toren des Messegeländes auf ihr Anliegen aufmerksam zu machen. Hier wurde sehr deutlich, dass auch innerhalb der Kirche das Wort Gottes längst nicht mehr den unumstrittenen Stellenwert hat, den es haben sollte. Stattdessen regiert häufig das Diktat von Mainstream und Lifestyle und es wird mit dem kokettiert, was gerade als politisch korrekt gilt. Umso dankbarer sind wir, dass wir diese Möglichkeit hatten, viele Gespräche zu führen und unsere Materialien zu verteilen. Wir haben, so denke ich, mit Gottes Hilfe das Beste draus gemacht. Nun bleibt uns nur noch, um den Segen Gottes für die Saat zu bitten: Es ist nicht so wichtig, wer pflanzt und wer begießt; wichtig ist allein Gott, der für das Wachstum sorgt (1Kor 3,7).

Gudrun Flindt