Als ehemaliger Geflüchteter aus dem Iran, Konvertit vom Islam zum Christentum und heutiger Pastor einer deutsch-persischen Gemeinde in Bayern, hat Mohsen Kornelsen das System von innen erlebt als auch viele Einzelschicksale begleitet. Aus dieser Perspektive beleuchtet er kritische Punkte in der aktuellen Migrationspraxis in Deutschland und bietet konkrete Möglichkeiten zur Verbesserung an. Bündnis C bekräftigt diese Vorschläge für eine Migrationspolitik, die Verfolgten Asyl gewährt und den Missbrauch des Systems beendet.
Kritikpunkte
- 1. Ungleichbehandlung bei Asylentscheidungen (insbesondere Iran)
Trotz dokumentierter Menschenrechtsverletzungen werden zahlreiche Asylanträge aus dem Iran abgelehnt – darunter auch von zum Christentum konvertierten Menschen, die bei Rückkehr echte Verfolgung riskieren. Die BAMF-Entscheidungen erscheinen in vielen Fällen kulturell unsensibel und schwer nachvollziehbar.
- 2. Misstrauen gegenüber Konversionen
Viele Behörden gehen pauschal davon aus, dass christliche Konvertiten aus dem islamischen Raum „nur wegen der Aufenthaltschance“ ihren Glauben gewechselt hätten. Der geistliche Ernst dieser Entscheidung wird kaum geprüft – obwohl eine Konversion im Iran mit hohem persönlichem Risiko verbunden ist.
Es fehlt zudem an strukturierter rechtlicher und psychologischer Unterstützung für Konvertiten. Anhörungen verlaufen oft oberflächlich. Viele Betroffene sind traumatisiert oder sprachlich überfordert – und gelten daher fälschlich als „unglaubwürdig“.
- 3. Rechtsunsicherheit trotz erfolgreicher Integration
Viele gut integrierte Geflüchtete – mit Sprachkenntnissen, Arbeitsplätzen, Ehrenamt und Gemeindebindung – leben jahrelang in Unsicherheit. Sie erhalten keinen festen Aufenthalt, obwohl sie längst Teil dieser Gesellschaft geworden sind. Das ist demotivierend – für Betroffene wie für Helfer.
- 4. Abschiebungen trotz fehlender Rückkehrsicherheit
Für Länder wie den Iran gibt es keine verlässlichen Rückführungsabkommen oder Garantien. Dennoch wird massiver Ausreisedruck aufgebaut – obwohl aktuell nicht einmal reguläre Flüge möglich sind. Diese Praxis ist weder human noch rechtlich haltbar.
Aktuelle Herausforderungen und strukturelle Schwächen
- 1. Symbolpolitik bei Grenzkontrollen – keine langfristige Lösung
Verstärkte Grenzkontrollen zeigen Handlungsbereitschaft, lösen aber keine Ursachen. Ohne umfassende Systemreform sind sie nur kurzfristige Symbolpolitik.
- 2. Strukturelle Schwächen im deutschen Asylsystem
- Rechtsunsicherheit und Intransparenz: Komplexe Verfahren ohne klare Kommunikation verunsichern die Menschen.
- Langwierige Verfahren: Viele warten 4–5 Jahre auf eine Entscheidung – das führt zu psychischer Belastung, Frust und Passivität.
- Uneinheitlichkeit zwischen Bundesländern: Unterschiedliche Praxis je nach Wohnort ist ungerecht.
- Fehlendes kulturelles Verständnis: Tiefergehende religiöse oder gesellschaftliche Entwicklungen werden kaum erfasst.
- 3. Zu lange Asylverfahren – und falsche Anreize durch Sozialhilfe
Viele Geflüchtete kommen nach Deutschland mit dem Wunsch, neu anzufangen, zu arbeiten und sich ein Leben aufzubauen. Doch die jahrelange Unsicherheit im Asylverfahren – kombiniert mit dauerhafter Sozialhilfe – wirkt demotivierend und erzeugt Abhängigkeit.
Vorschlag:
- Sozialleistungen (Asylbewerberleistungen) sollen maximal 12 Monate gewährt werden. Danach muss – wie in den USA oder Kanada – eine verpflichtende Integration in Arbeit erfolgen.
- Wer arbeitsfähig ist, soll arbeiten dürfen – aber nur bei Vorlage gültiger Papiere. Wer keine Identität nachweist, muss ausreisen.
- 4. Abschaffung von „Duldung“ – stattdessen: klare Entscheidungen
Der Duldungsstatus führt bei vielen Geflüchteten zu jahrelanger Unsicherheit, ohne echte Perspektive.
Vorschlag:
- „Duldung“ abschaffen und durch klare Verfahren mit Fristen ersetzen.
- Wer bleiben darf, soll arbeiten und sich integrieren können.
- Wer nicht bleiben darf, muss konsequent zurückgeführt werden – aber mit Fairness und Transparenz.
Reformvorschläge zur Steuerung und Glaubwürdigkeit des Asylsystems
- 1. Einbürgerung frühestens nach 15 Jahren
Einige Geflüchtete nutzen das Asylsystem zur schnellen Einbürgerung und reisen später sogar in ihr Herkunftsland zurück.
Vorschlag: Einbürgerung erst nach 15 Jahren – gekoppelt an nachgewiesene Integration, Arbeitsleistung und Gesetzestreue.
- 2. Asylverfahren nur mit gültigem Pass oder glaubwürdigem Identitätsnachweis
Ohne verlässliche Identität kann kein faires Verfahren stattfinden. Wer ohne Papiere kommt, muss innerhalb einer Frist glaubhafte Nachweise für seine Identität und Herkunft beibringen. Sonst erfolgt ein gesondertes Verfahren zur Klärung der Identität und gegebenenfalls Rückführung, sobald möglich.
- 3. Reform der Flüchtlingspapiere (blauer/grauer Pass)
Flüchtlingsausweise sollten abgeschafft und durch Einträge im Nationalpass ersetzt werden (ähnlich einem Visum). Bei Rückreise ins Heimatland erfolgt automatische Aberkennung des Schutzstatus.
- 4. Automatischer Schutzverlust bei freiwilliger Rückkehr
Wer freiwillig in das Land reist, aus dem er angeblich geflohen ist – z. B. für Urlaub – verliert seinen Schutz. Der Aufenthaltstitel wird widerrufen und die Person muss Deutschland verlassen.
- 5. Kirchliche Strukturen als glaubwürdige Zeugen einbeziehen
Kirchen – besonders Migrantengemeinden – haben tiefen Einblick in Lebensrealitäten von Geflüchteten. Ihre Einschätzungen zu Konversionen sollten formell in BAMF-Verfahren berücksichtigt werden.
Fazit
Eine glaubwürdige Migrationspolitik braucht beides: echten Schutz für die Schwachen und klare Grenzen für Missbrauch.
Wir brauchen Rechtssicherheit, Integrationsanerkennung, kulturelle Sensibilität und politisch klare Linien. Es geht nicht um Härte, sondern um Ordnung, Wahrheit und Verantwortung.
Ich hoffe, dass diese Beobachtungen und Vorschläge – aus Sicht eines Betroffenen, Geistlichen und Begleiters vieler Geflüchteter – Gehör finden und helfen, ein gerechteres, menschlicheres und zukunftsfähiges System zu gestalten. Mit Respekt und Verantwortung,
Mohsen Kornelsen
Landesverband Bayern

Pastor Moshen Kornelsen im Gespräch mit Horst Wodarz, dem Landesvorsitzenden von Bündnis C Bayern
Das Gespräch kann man (aufgeteilt in 4 Teile) auf Bayern.buendnis-c.de anschauen und herunterladen.