Wahrlich sommerlich konnte diese „Summer School“ ja werden – 3 Tage Bukarest, Rumänien, bei 40°C. Die sogenannte „Summer School“ ist eine Veranstaltung für junge Christen in Europa, veranstaltet von der ECPYouth, der Jugendorganisation der ECPM (European Christian Political Movement). Hier kommen junge Christen aus ganz Europa zum Kennenlernen, Austauschen und Debattieren zusammen. Sie findet meist einmal im Sommer und einmal im Winter statt (also „Summer“ oder „Winter School“) und wird in wechselnden europäischen Städten abgehalten. Die ECPYouth besteht aus Mitgliedsorganisationen (zumeist Jugendverbände der Parteien, die in der ECPM Mitglied sind) und Einzelmitgliedern. Neben EU-Ländern waren auch Teilnehmer aus der Republik Moldau und der Ukraine dabei, insgesamt um die 25 Leute. Kost und Logis wurden von der ECPYouth übernommen, nur die Reisekosten sollte ich selbst tragen. Die Einladung hatte ich von ECPYouth-Vorstandsmitglied Dominic Potters erhalten. Ihn hatte ich bei der letzten Generalversammlung der ECPM in Brüssel kennengelernt.

Am Vorabend konnte ich bereits mit Dominic und weiteren bereits angereisten ECPYouth-Vorständlern Zeit verbringen. Am Folgetag besichtigten einige von uns den rumänischen Parlamentspalast. Der Kulturaustausch und das Kennenlernen wurden durch den einläutenden bunten Abend sehr unterhaltsam und kurzweilig gestaltet. Jedes teilnehmende Land durfte von deren Vertretern vorgestellt werden. Es wurde traditionelle Musik gespielt, vorgetanzt, typische Süßwaren herumgereicht und Einblicke in die jeweilige Landesgeschichte geteilt. Als einziger deutscher Vertreter hatte ich freie Hand, über Deutschland zu berichten. Statt die typischen Klischees wie Oktoberfest, Fußball, Bier und Bratwurst zu benennen, lag mir etwas anderes auf dem Herzen. So sprach ich über eine zunehmende kulturelle Lücke in Deutschland: den Schwund jüdischen Lebens, trotz Erinnerungskultur und der viel beschworenen Staatsräson gegenüber Israel. Ich zeigte auf die einst reiche deutsch-jüdische Kultur und Sprache wie das Jiddisch und auf meine mitgebrachte Kippa, die heute kaum noch auf den Straßen Deutschlands zu sehen sind. Mein im Vergleich zu den anderen etwas ernsterer Vortrag stimmte nachdenklich, hat dem geselligen Abend aber keinen Abbruch getan.

Inhaltlich wurden wir die Tage über von tollen Sprechern wie Philip Powel herausgefordert, über unsere christlichen Wurzeln in Europa nachzudenken: Wo haben wir solche christlichen Wurzeln, und wo stehen Argumente, die sich hierauf beziehen, auf wackeligen Füßen? Eine klassische Debattierübung sollte uns helfen, unsere Fähigkeiten prägnanter Argumentation zu verbessern. Dabei wurden Themen wie Ukraine/Russland, Trump, Religion und Säkularisierung angegangen und die Gruppe in Pro und Contra geteilt. Dies führte dazu, dass wir auch Positionen entgegen der eigenen Überzeugung vertreten mussten. Dieser Perspektivwechsel half aber, die andere Seite besser zu verstehen und eigene Argumente zu prüfen und zu schärfen.

In weiteren Einheiten wurde über das Verfassen von Artikeln referiert und Einblicke in die Prozesse von Bewerbern für einen EU-Beitritt gegeben. Auch die Perspektive, als Christ in der Politik zu sein, wurde beleuchtet, das Suchen von Gott in der Stille oder die lectio divina (Lesen der Bibel mit Kontemplation, Stille und Gebet) behandelt. Gemeinsame Andachten und Gebet haben mir gezeigt, dass der Fokus immer wieder auf das Wesentliche gelenkt wird – auf Jesus und wie wir in der politischen Sphäre seinem Namen Ehre geben und sein Reich bauen können.

Als Gast durfte ich auch der abschließenden Mitgliederversammlung beiwohnen, deren Prozedere kennenlernen, die Diskussion um den nächsten politischen Schwerpunkt und die Abstimmung von Aufnahmeanträgen mitverfolgen.

Umrahmt wurde das Programm der Summer School mit schönen gemeinsamen Aktivitäten, und die 40°C haben in den gut klimatisierten Hotels und Seminarräumen nicht gestört. Ein bisschen Bukarest durfte ich nun auch kennenlernen. Aber mir viel wertvoller waren großartige junge Christen mit politischem Engagement aus ganz Europa. Davon brauchen wir mehr!

Ludwig Grünert

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