Die Gefahr eines längeren Blackouts im kommenden Winter nimmt zu, auch wegen einer künstlichen Verknappung durch Börsenspekulationen auf dem Strommarkt. Bündnis C fordert die Regulierung der Finanzmärkte und das Verbot von Spekulationen mit Rohstoffen und Dienstleistungen der Daseinsfürsorge.
Spekulationen auf dem Gasmarkt begannen bereits Mitte 2021. Hinzu kam in Deutschland die CO2-Abgabe 2022 und der Wirtschaftskrieg mit Russland, die die Gaspreise hochtrieben und den Strompreis mit. Der Strommarkt funktioniert nach dem Merit-Order-Prinzip, das die Vergütung der Stromanbieter regelt. Strom aus Windkraft und Sonne sind in der Produktion besonders günstig und sollen nach Umweltvorgaben bevorzugt eingespeist werden. Da aber alle Anbieter ihren Strom nach dem Preis des teuersten Erzeugers abrechnen, kommt weder der Preisvorteil den Kunden zugute, noch werden günstigere Produkte vorrangig eingespeist. Im Gegenteil werden Windparks häufig abgeregelt und damit das Angebot künstlich verknappt, bekommen ihren nicht produzierten Strom aber dennoch zum Marktpreis voll vergütet – auf Kosten der Kunden.1 Gaskraftwerke werden nur bei Bedarf zuletzt zugeschaltet, bestimmen aber aktuell mit den höchsten Erzeugerkosten den Strompreis – und das bereits über den Sommer, wo der Stromverbrauch insgesamt niedriger ist, der Anteil aus erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung über 50 % lag und Gaskraftwerke kaum zum Einsatz kommen dürften. Auch die Preise für Sprit und Weizen spiegeln weder den Ölpreis noch Angebot und Nachfrage wider.
Die Politik reagiert auf die steigenden Energiepreise mit Entlastungpaketen für Verbraucher, geht aber die Wurzel der Preisexplosionen nicht an. Die letzte Nachricht war, dass die drei letzten laufenden deutschen AKW Ende des Jahres abgeschaltet und nur noch zwei in Notreserve vorgehalten werden. Jetzt sollen sie doch weiterlaufen, um die Stromversorgung nicht zu gefährden. Die gerade beschlossene Gasumlage soll einem Preisdeckel weichen. Zurecht werden Steuersenkungen auf Gas gefordert, wo der Staat an den hohen Preisen mitverdient.
Bündnis C fordert die Regulierung der Finanzmärkte und das Verbot von Spekulationen mit Rohstoffen und Dienstleistungen der Daseinsfürsorge, um die Wurzel der Preissteigerungen für Energie und Lebensmittel zu kappen, damit der Markt reale Preisstrukturen bildet, die die Erzeugerkosten decken. Entlastungspakete für Verbraucher sind weder nachhaltig noch der Wirtschaft förderlich. Während die Regierung zum Ausgleich für sozial Schwache finanzielle Zuschüsse beschlossen hat, fressen die steigenden Energiepreise vor allem die Einkommen und Rücklagen der Mittelschicht auf und gefährden mittelständige Unternehmen in ihrer Existenz.
Deutschland hat mit einem starken industriellen Sektor eine sehr widerständige Wirtschaftsstruktur aufgebaut, trotz seit Jahren hinderlichen Rahmenbedingungen. Eine verfallende Infrastruktur, fehlender Nachwuchs und ein ideologisch dysfunktionales Bildungswesen, rückständige Digitalisierung, ausufernde Bürokratie und zu hohe Steuer- und Abgabenlasten behindern zunehmend die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland. Hinzu kommt „… eine Klimapolitik, die darauf setzt, durch eine überproportionale Verteuerung der Energie die hiesige Wirtschaft in eine Vorreiterrolle zu drängen, ohne die Frage zu prüfen, ob sie eine solche Rolle überleben kann.“2 Bereits vor dem Krieg Russlands in der Ukraine musste die deutsche Industrie im europäischen Wettbewerb mit höheren Energiekosten bestehen. Angesichts der jetzigen Kostenschocks verlegen internationale Unternehmen zunehmend ihre Produktion ins Ausland, während der Mittelstand seine Wettbewerbsfähigkeit dauerhaft zu verlieren droht.
Neben der Regulierung der Energiemärkte und Sparanreizen muss vorübergehend der Gaspreis für den Grundbedarf von Privathaushalten und Unternehmen gedeckelt werden. Die Mehrkosten für den Staat wiegen den volkswirtschaftlichen Schaden, der bei Nichtintervention entsteht, längerfristig mehrfach auf. Entlastungspakete für Verbraucher hingegen werden mit neuen Schulden finanziert, die von der Inflation aufgefressen werden und diese zusätzlich anheizen. Den Finanzmarkt mit immer neuem Geld zu fluten, erzeugt ein immer prekäreres Missverhältnis zwischen Geldmenge und abnehmender Wirtschaftskraft. Sie erhöhen die Schuldenberge auf Kosten der nächsten Generation und machen Privathaushalte und Unternehmen von staatlichen Zahlungen abhängig. Wir wollen stattdessen die Lebensgrundlagen und die Freiheit zum Wirtschaften auch für unsere Kinder erhalten.
Gleichzeitig muss die künstliche Verknappung von Energie an den Börsen beendet und alle im Land vorhandenen Ressourcen mobilisiert werden, um das Angebot an Energie mittelfristig zu stabilisieren. Moderne Kohlekraftwerke müssen unter wirtschaftlich rentablen Bedingungen wieder ans Netz gehen können. Die verfügbaren AKW sollten so lange wie nötig und mit Planungssicherheit weiter betrieben werden. Und mittels risikoarmer neuer Technologien für Fracking könnte innerhalb weniger Monate in Deutschland das erste Gas gefördert werden, statt Flüssiggas aus den USA oder den Arabischen Emiraten um die halbe Welt zu schiffen. Energiewende heißt jetzt, auf die veränderten Rahmenbedingungen zu reagieren und die Energieversorgung für das Land zu sichern.
1 Vgl. Wolfgang Kiene, Geschäftsführer Maka Windkraft https://www.makawind.de/index.php?show=news
2 Daniel Stelter https://www.focus.de/finanzen/news/oekonom-daniel-stelter-zweifelt-ob-wirtschaft-die-klimapolitik-ueberleben-kann_id_153560194.html