Seit fast einem Jahr entscheiden Bundeskanzlerin Merkel und die Ministerpräsidenten über das Schicksal Deutschlands in der Corona-Krise. In der Annahme, das Virus besiegen zu können, werden seit Monaten immer schärfere Geschütze aufgefahren. Die Kollateralschäden werden als unvermeidbar hingenommen. Nun drohen die Mutanten, vor denen wir beschützt werden müssen. Die Infektionszahlen sinken stetig, doch der Inzidenzwert wurde heruntergesetzt und der Lockdown um einen weiteren Monat verlängert.
Ein weiterer Monat des Verbots für Gewerbetreibende, Händler und Künstler, sich ihren Lebensunterhalt zu verdienen, obwohl gerade in den kleinen Geschäften, Werkstätten und Ateliers sich wenige Menschen begegnen und gefährden. Die Läden in den Fußgängerzonen leeren sich, aber die Proteste verhallen ohnmächtig. Politik und Medien schweigen zum Sterben des Einzelhandels, der Gastronomie, der Kultur, unserer Innenstädte.
Stattdessen beschwören Kanzlerin und Bundesgesundheitsminister immer neu Vertrauen und Geduld der Bevölkerung, besonders angesichts der fehlenden Impfstoffe, die sie zu verantworten haben. Worauf sollen die mit Verbot der Ausübung ihres Berufs Belegten bitte vertrauen? Auf Hilfszusagen, die sie in die Abhängigkeit von staatlichen Almosen bringen? Unternehmerisches, eigenverantwortliches Handeln wird vernichtet, private, kirchliche und soziale Aktivität der Zivilgesellschaft abgewürgt.
Bundesentwicklungsminister Gerd Müller warnte bereits im September 2020, dass an den Lockdown-Folgen mehr Menschen sterben werden als an dem Virus. Oxfam schätzt, dass durch die Lockdowns in Entwicklungsländern Ende 2020 6.000 bis 12.000 Menschen zusätzlich pro Tag an Hunger gestorben sind[1], die meisten von ihnen Kinder, denen damit das ganze Leben genommen wurde. Dem gegenüber standen Ende Januar etwa 14.000 Corona-Tote pro Tag, deren Durchschnittsalter bei etwa 80 Jahren lag.[2] Ohne Leben gegeneinander aufzuwiegen, wird in der Summe ungleich mehr Lebenszeit von Menschen durch die Lockdowns vernichtet als durch das Virus.
Dennoch binden WHO und IWF Hilfszahlungen an Entwicklungsländer an harte Lockdown-Maßnahmen, obwohl gerade in diesen Ländern die Menschen an unzähligen anderen Krankheiten sterben. Im selben Zeitraum von März bis Ende 2020 ist lt. Oxfam das Vermögen der Milliardäre weltweit um 3,9 Billionen auf etwa 12 Billionen US-Dollar gestiegen. Das entspricht in etwa dem, was die Regierungen der G20-Staaten als Reaktion auf die Pandemie ausgeben wollen. Wessen Interessen werden hier verfolgt und bedient?
Eine wachsende Zahl von Menschen will nicht länger von ihrer Regierung beschützt werden, jedenfalls nicht um den Preis des ewigen Lockdown. Das Argument des überlasteten Gesundheitssystems ist bei sinkenden Infektionszahlen nicht mehr gegeben, auch wenn nach wie vor Ärzte und Pflegekräfte um Kranke kämpfen. Auch in den Altenheimen sinken die Krankenzahlen und Schnelltests helfen, Infektionen zu vermeiden. Ein neues Angstszenario vom mutierten Virus entbehrt verlässlicher Aussagen über seine Gefährlichkeit und Verbreitung und ein neuer Inzidenzwert jeglicher Begründung. Doch wieder wird die verbleibende Gefahr beschworen, um Maßnahmen zu verhängen, die nicht evidenzbasiert sind. Führt die Regierung damit das Land aus der Krise heraus oder in eine weit schlimmere Krise hinein?
Bundesinnenminister Seehofer beauftragte vor einem Jahr Wissenschaftler vom Robert-Koch-Institut und anderen Forschungsinstituten mit der Erstellung eines Pandemie-Modells, auf dessen Grundlage „Maßnahmen präventiver und repressiver Natur“ ergriffen werden könnten. In Abstimmung mit dem Innenministerium wurde ein „Worst-Case-Szenario“ errechnet, nach dem in Deutschland mehr als eine Million Menschen am Coronavirus sterben könnten.[3]
Dieses Szenario ist nie eingetroffen, was – so die politische Lesart – die Wirksamkeit der repressiven Maßnahmen belegt. Den Wahrheitsgehalt dieser Behauptung kann niemand nachprüfen. Denn auch die Wissenschaftler, die die Lockdowns befürworteten, können nicht sagen, wie sich ohne sie die Krankheitszahlen entwickelt hätten. Und für Prognosen kann niemand haftbar gemacht werden.
Für die daraufhin beschlossenen Maßnahmen hingegen sehr wohl und für die damit tatsächlich eingetroffenen Kollateralschäden. Denn die Politik darf weder nur auf eine Fachrichtung hören, noch auf ein einziges Virus fokussieren für den Gesundheitsschutz und sie darf erst recht nicht Wissenschaftler für ihre Zwecke instrumentalisieren. Es ist ein Irrtum, dass Regierungen jede Gesundheitsgefahr für die Bevölkerung bannen könnten. Aber sie können und müssen Maßnahmen unterlassen, die Menschen Armut und Tod bringen.
Der neue Lockdown wird mehr Menschen in den Ruin treiben als zuvor. Und er verkennt die Stimmung in der Bevölkerung schwer. Statt Appellen an Vertrauen, das verspielt wurde, und an Geduld, Schaden weiter gehorsam zu ertragen, ist Umkehr gefragt:
Umkehr aus einer Sackgasse, in der das Land kaputt gemacht wird, Eingestehen von Ratlosigkeit, Einbezug von bisher missachteten Fachleuten und die Bereitschaft, den Menschen die Eigenverantwortung für ihre Gesundheit und ihr Leben zurückzugeben. Einzelhandel, Gastronomen und Kulturschaffende haben ihre Lektion gelernt, wie sie ihre Kunden dirigieren. Auch unsere europäischen Nachbarn zelebrieren keine „Öffnungsorgien“, wenn sie mündige Menschen in die Freiheit entlassen.
Dafür braucht es Mut, Vertrauen und Demut auf Seiten der Regierenden: Den Mut, ein Restrisiko von Krankheit und Tod anzunehmen, das keine Regierung der Welt aus unserem Leben verbannen kann. Vertrauen in die Bürger, dass sie nach einem Jahr Dauerbeschuss die Gefahr des Virus kennen und damit umgehen können. Und Demut vor Gott, der als Einziger das Virus wirklich unter Kontrolle hat. Die Hinwendung zum Schöpfer und Erhalter unseres Lebens ist der eigentliche Weg aus der Krise.
[1] https://oxfamilibrary.openrepository.com/bitstream/handle/10546/621149/bp-the-inequality-virus-250121-en.pdf
[2] https://www.worldometers.info/coronavirus/
[3] https://www.welt.de/politik/deutschland/article225864597/Interner-E-Mail-Verkehr-Innenministerium-spannte-Wissenschaftler-ein.html