In dieser Woche ist es soweit. Die Corona App wird veröffentlicht, zum Download und somit zur Nutzung freigegeben. Die Entwickler der App, Deutsche Telekom und SAP AG, führen momentan letzte Tests durch, um sicher zu stellen, dass alle Funktionen korrekt auf den verschiedenen Endgeräten fehlerfrei zur Verfügung stehen. Die versprochene Transparenz wurde auch eingehalten, vor einiger Zeit wurde der Code der App veröffentlicht.

Der Code wurde von vielen Fachleuten überprüft. Die Versprechen durch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn wurden eingehalten. Es handelt sich um eine reine Tracing-App, welche keinerlei Geo-Daten (Bewegungsprofile) aufzeichnet, der gesamte Ablauf in der App läuft vollkommen pseudonymisiert ab. Zusätzlich hat man sich große Gedanken gemacht, was es für ein Ausmaß haben könnte, wenn die App missbräuchlich verwendet wird, hier also ein Nutzer sich selbst als positiv getestet markiert, ohne infiziert zu sein. Dies wäre in der Tat eine fatale   Angelegenheit, welche nicht nur enormen Stress bei Kontakten verursachen kann, sondern auch entsprechende Ressourcen (Testlabore, Teststationen, Gesundheitsämter usw.) binden und unnötige Geldausgaben (Krankenkassen usw.) bedeuten würde.

Um diesem Missbrauch bereits von vornherein einen Riegel vorzuschieben, ist über die App folgendes Verfahren eingebunden: In der App können Nutzer einen QR-Code scannen, den sie vom Arzt oder dem Labor erhalten, um dann das Resultat eines Corona-Tests in der Anwendung übermittelt zu bekommen und anzuzeigen. In diesem QR-Code enthalten ist auch ein Code, durch welchen es erst möglich wird, sich als positiv getestet zu markieren und so Kontakte, welche die App pseudonymisiert erfasst hat, entsprechend zu informieren.

Hierbei gibt es aber auch ein erstes großes Problem: Viele Gesundheitsämter und auch Test-Labore sind nicht ausreichend für diese sichere und besondere Telematik-Infrastruktur ausgerüstet. Es fehlt nicht nur an aktuellen Betriebssystemen, sondern auch an verschlüsselten Datenübermittlungstools. Es kann mehrere Monate dauern, ehe Software und Hardware flächendeckend bestellt und ausgeliefert werden können. Viele Test-Labore und auch Gesundheitsämter brauchen neue Server und QR-Code-Lesegeräte.

Um für diese Problematik eine vorübergehende Lösung zu schaffen, haben das Bundesgesundheitsministerium, die Großkonzerne SAP und Deutsche Telekom deshalb eine Service-Hotline eingerichtet. Dort können sich User melden, wenn das Testlabor den QR-Code mit dem positiven Ergebnis nicht lesen und die Daten nicht übernehmen kann. Nutzer können die Infektionsbestätigung dann einem Call-Center-Mitarbeiter freiwillig mitteilen. Am anderen Ende der Leitung sitzen dann keine Roboter, sondern Menschen, die mit einem Fragenkatalog sicherstellen, dass es zu keinen Fake-Meldungen kommt. Die Sorge vor sogenannten Trollen ist groß. Schüler könnten etwa versuchen, das System auszutricksen, um für sich und ihre Mitschüler Homeschooling herauszuschlagen.

Knapp 1.000 Anrufe soll die Hotline pro Tag bewältigen können. Nach Informationen sollen Probeläufe gezeigt haben, dass das System funktioniert. Das Call-Center betreibt ein externer Dienstleister. Ob dieser in Deutschland sitzt, ist unklar. Dazu bezog der Bundesbeauftragte für Datenschutz, Ulrich Kelber, Stellung: „Die Gründe, weshalb eine Hotline eingerichtet wird, sind plausibel“. Er habe aber ebenfalls Vorbehalte: „Es ist klar, dass der Weg über die Hotline nicht mit einer vollständig pseudonymen Nutzung der App über das automatisierte Verfahren mithalten kann.“

Weiter muss man sich darüber im Klaren sein, dass eine solche App nur dann einen wirklich unterstützenden Nutzen erbringen kann, wenn sie möglichst flächendeckend eingesetzt wird. Hierzu benötigt man einen Nutzungsgrad von mindestens 60% in der Bevölkerung von Deutschland. Betrachtet man die Entwicklungskosten von rund 20 Mill €, sind diese akzeptabel und liegen im normalen Bereich für ein solches Projekt. Die laufenden monatlichen Kosten von 3,5 Mill € fallen an für die Call-Center-Hotlines. Diese Kosten hätte man sicherlich minimieren können, wäre in Deutschland die Digitalisierung und auch die Ausstattung von Gesundheitsämtern und Test-Laboren mit der notwendigen Technik über viele Jahre nicht verschlafen worden.

Dennoch kann ich abschließend anmerken, dass die App eine sehr gute Idee ist. Die Umsetzung ist noch etwas holprig, aber der kleine Umweg über eine Call-Center-Hotline, zumindest vorübergehend, sollte aus meiner Sicht nicht dazu führen, dass man die App nicht einsetzt und so eventuell Menschenleben gefährdet werden. Der Anruf bei den erwähnten Hotlines wird auch nur benötigt, wenn man tatsächlich ein positives Testergebnis erhalten hat, und beeinträchtigt somit die Nutzung der App in keinster Weise.

Ich möchte deshalb alle Leserinnen und Leser dazu ermutigen, die App zu nutzen.

Heinrich Benz