TTIP und CETA werden seit Monaten sehr leidenschaftlich diskutiert. Am 17. September 2016 ruft ein Trägerkreis aus 30 Organisationen zu bundesweiten Großdemonstrationen gegen CETA und TTIP in sieben deutschen Städten auf: in Berlin, Frankfurt/Main, Hamburg, Köln, Leipzig, München und Stuttgart.

Hemmen oder fördern TTIP und CETA einen gerechten Welthandel?

Ein Beitrag von Peter Reizlein.

Pro TTIP

  •  1. Freihandel ist per se gut für die beteiligten Länder und deren Bewohner

Freihandel sorgt weltweit für Wachstum, Wohlstand und Beschäftigung.

Das verfügbare Einkommen einer vierköpfigen Familie in der EU würde durch TTIP im Schnitt um 545€ pro Jahr höher ausfallen.

Rd. 600.000 deutsche Arbeitsplätze hängen direkt und indirekt an den Exporten in die USA. Die Zahl der Arbeitsplätze würde durch ein weitreichendes Freihandelsabkommen steigen. In der EU könnten 400.000 neue Arbeitsplätze entstehen, davon bis zu 110.000 allein in Deutschland.

Ein liberalisierter Handel zwischen der EU und den USA würde auch den übrigen Ländern Vorteile bringen: Das weltweite Einkommen würde durch positive Effekte auf den Handel um knapp 100 Milliarden Euro steigen. So hätte auch ein bilaterales Handelsabkommen Auswirkungen auf weit mehr Länder als die EU- und die Vereinigten Staaten.

  • 2. Zölle und Bürokratie werden aufgehoben

Zölle in Höhe von rd. 3,5 Milliarden Euro würden ersatzlos wegfallen und den Firmen mehr Stabilität verleihen sowie Potentiale für Innovationen bringen.

Die mit TTIP geplante Angleichung von Produktstandards und Regulierungen würde deutliche Einsparungen und damit wirtschaftliche Freiräume bringen. Die zusätzlichen Produktkosten für doppelte Zulassungen, Testverfahren und Konformitätsprüfungen lagen bei Einfuhr in die EU bei durchschnittlich 21,5% des Warenwerts.

  • 3. Mittelstand profitiert besonders stark von TTIP

Im Gegensatz zu großen Konzernen können sie sich Mittelständler den bürokratischen Aufwand und die administrativen Kosten durch bestehende Handelshemmnisse nicht leisten.

  • 4. Investitionsschutz fördert Investitionen

Direktinvestitionen sind wichtig für Wachstum und Beschäftigung. Investitionsschutzverträge schützen ausländische Investoren vor politischen Risiken. Ohne Investitionsschutzabkommen würden weit weniger Investoren Geld im Ausland anlegen, weil sie sich nicht ausreichend vor politischer Willkür abgesichert sehen. Von ausländischen Direktinvestitionen hängen aber viele Millionen Jobs ab

Befürchtungen, dass unklare Rechtsbegriffe, intransparente Schlichtungsverfahren und ungerechtfertigte Investorenklagen die Regulierungshoheit der Staaten gefährden und zu milliardenschweren Entschädigungen führen, ist die EU bereits mit Plänen entgegengetreten, die unter anderem das Regulierungsrecht des Staates sichern.

 

Kontra TTIP

  • 1. Aufweichung und Umgehung von Verbraucherschutz-, Umwelt- und Gesundheitsstandards

Die angestrebte Harmonisierung von Standards, etwa im Bereich des Verbraucherschutzes bzw. der Umwelt- und Gesundheitspolitik, orientiert sich laut Kritikern an den Interessen der Konzerne und Finanz-Investoren – weil Harmonisierung bedeute, dass tendenziell der jeweils niedrigste bzw. wirtschaftsfreundlichste Standard aller Einzelstaaten als Basis für die verbindliche Norm des Vertrags dienen werde. So weiche TTIP bestehende hohe europäische Umwelt- und Gesundheitsstandards zugunsten von niedrigeren US-Standards auf. Neben dem Problem einer „Anpassung nach unten“ wird befürchtet, dass es zunehmend schwieriger wird, neue verbesserte Verbraucher- und Umweltschutzkriterien einzuführen.

  • 2. Schiedsgerichte als unkontrollierbare Instanz

Investitionsschiedsgerichte entscheiden an Stelle von nationalen Gerichten, bieten aber im Vergleich zu diesen regelmäßig weniger Möglichkeiten der Überprüfung von Entscheidungen durch höhere Instanzen. Diese Verfahren werden von Kritikern als intransparent und demokratisch unkontrolliert betrachtet. Befürchtet werden Klagen, wenn durch staatliche Eingriffe Gewinnerwartungen geschmälert worden seien, z.B. wenn der Staat neue Umweltauflagen beschließt.

 

Meinung des Verfassers

  • 1. Es ist eine alte und vielfach bewiesene Grundregel in der Wissenschaft sowie jahrzehntelang bewiesene Praxis, dass Freihandel für alle Menschen und Staaten positiv ist. Die Entwicklungsländer profitieren vom Freihandel überproportional. Gerade Deutschland ist besonders vom internationalen Handel abhängig.
  • 2. Bei Umwelt- und Verbraucherschutz sind sich Europa und die USA näher als irgendwelche anderen Wirtschaftsräume auf der Welt. TTIP ist die einzige Chance, entsprechende Standards für den Welthandel zu setzen. Aber wenn es scheitert, dann werden diese Standards zwischen Amerika und Asien gesetzt – und die werden uns dann wohl weniger gefallen.

    Laut den Hauptverhandlungsführern beider Seiten ist das Niveau der Standards nicht verhandelbar.

    Als von der EU durchgesetzt wurde, dass in Deutschland auch Bier verkauft werden darf, welches nicht dem deutschen Reinheitsgebot entspricht, drohte für viele Biertrinker der Untergang der Bierkultur sowie des Reinheitsgebots. Nichts davon ist eingetreten.

  • 3. Bei der Debatte um private Schiedsgerichte im Rahmen von Freihandelsabkommen wie TTIP wird schnell davon gesprochen, dass mächtige ausländische Konzerne gegen ganze Staaten klagen können, so die Demokratie aushebeln und den Rechtsstaat aushöhlen.
    Meist ist der jahrelange Exportweltmeister Deutschland (bzw. ein deutscher Konzern) Kläger statt Beklagter. Und es war auch Deutschland, das 1959 zum Schutz seiner Firmen – als erste Regierung weltweit – private Schiedsgerichte ermöglichte, über einen Vertrag mit Pakistan. Seitdem hat die Bundesrepublik 130 weitere Verträge abgeschlossen. Und auch die Bilanz lässt sich sehen: Klagen gegen Deutschland: drei. Klagen gegen das Ausland von deutschen Investoren: 44.
    Bei 3 Klagen gegen Deutschland in fast 60 Jahren sollten keine Befürchtungen hinsichtlich einer Gefahr für die Demokratie bestehen.

Somit sind TTIP und andere internationale Freihandelsabkommen zu befürworten. Falls es Mängel in den Verträgen geben sollte, kann zu gegebener Zeit nachgebessert werden. In ihren Grundzügen entsprechen Freihandelsabkommen wie TTIP und CETA den Grundsätzen einer freiheitlich geprägten Marktwirtschaft ohne staatliche Überregulierung. Die wirtschaftspolitischen Grundsätze von Bündnis C können Sie unter Punkt 2.4 hier nachlesen.

Peter Reizlein

Hier können Sie den Beitrag diskutieren: http://blogs.buendnis-c.de/wordpress/?p=213